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3.Der Beginn der europäischen Expansion
ОглавлениеAnstatt nach zeitlichen Einschnitten kann man aber auch die Fragerichtung verändern und fragen, welche Räume Schauplatz der Christentumsgeschichte waren. Betrachtet man nämlich das Christentum aus räumlicher Perspektive, so sieht man, dass es sich in der Frühen Neuzeit zu einer Weltreligion entwickelt hat. Dieser Prozess hängt eng mit der europäischen Expansion zusammen, deren Wurzeln ins Mittelalter zurückreichen. Diese wurde auch durch Veränderungen im Osten angestoßen: Die Eroberung Konstantinopels 1453 durch die Osmanen ließ nicht nur die Griechen ihre Vorherrschaft in der östlichen Orthodoxie einbüßen; nicht wenige Gelehrte flohen in den Westen. Das Osmanische Reich hatte sich im 14. Jahrhundert in Kleinasien an der Grenze zum byzantinischen Reich als eigenständige Herrschaft etabliert. Mit Hilfe türkischer Nomadenstämme wurde 1326 Bursa erobert und osmanische Hauptstadt, 1361 fiel Adrianopel, in der Folge nahezu ganz Kleinasien und weite Teile des Balkans. Im 16. Jahrhundert konnten die Osmanen auch Syrien, Mesopotamien und Ägypten integrieren und so die Handelsrouten nach Asien weitgehend blockieren bzw. durch Zölle extrem verteuern. So entstand ein wichtiger Anreiz, nach neuen Handelswegen zu suchen.
Seeweg nach Asien und Amerika
Im 15. Jahrhundert waren es vor allem die Portugiesen, die seit 1415 immer weiter an der afrikanischen Küste entlangkamen und unter dem legitimierenden Vorzeichen der Rückeroberung ehemals christlicher, nunmehr islamisch besetzter Städte (reconquista) dort Handelsstützpunkte anlegten. Schwarzafrikaner wurden versklavt und in Zuckerrohrplantagen, etwa auf Madeira, eingesetzt. Die Erfolge der portugiesischen Seefahrt lockten zunehmend Investoren an. 1460 wurde Westafrika umsegelt und 1487 kam Bartolomeu Dias (ca. 1450–1500) zur Südspitze Afrikas. Zehn Jahre später brach Vasco da Gama (ca. 1469–1524) zu seiner Expedition auf, bei der erstmals Indien auf dem Seeweg erreicht wurde. Zahlreiche Schiffe folgten und 1510 wurde Goa zum festen Handelsstützpunkt der Portugiesen, wenig später auch zum wichtigsten kirchlichen Zentrum (1533 Bistum, 1558 als Erzbistum Zentrum einer eigenen indischen Kirchenprovinz). Als Kolumbus 1492 im Auftrag Kastilliens scheinbar auch auf der Westroute einen Seeweg entdeckt hatte, drängte man den Papst zu einer Abgrenzung der Ansprüche. Im Vertrag von Tordesillas (1494) sollte eine Linie 370 km westlich der Azoren die spanischen von den östlich davon gelegenen portugiesischen Ansprüchen abgrenzen.
Stichwort
Osmanisches Reich
Mit der osmanischen Expansion wurden nicht nur viele Ethnien integriert, sondern auch die Verwaltungssysteme und kulturellen Fertigkeiten der unterworfenen Städte und Territorien übernommen. An der Spitze stand der Sultan als höchste weltliche und auch religiöse Autorität, der in der nunmehr Istanbul genannten Hauptstadt residierte („Hohe Pforte“). Er setzte den Großwesir und die Wesire als Regierung ein. Das Reich war in Provinzen und Unterprovinzen mit Paschas bzw. Beys als Gouverneuren eingeteilt und islamisch geprägt. Dazu kamen halbautonome Gebiete und Vasallenstaaten. Christen (Griechen, Armenier, Bulgaren, usf.) und Juden wurden als Religionen des Buches gegen das Zahlen einer Kopfsteuer geduldet. Sie verwalteten sich weitgehend selbst (millet-System). Ausgewählte christliche Knaben v. a. vom Balkan wurden zwangsrekrutiert (Knabenlese), muslimisch erzogen und für das Militär bestimmt (Janitscharen als Leibwache und Elitetruppe). Nach dem Sieg über den ungarischen König 1526 belagerten die Osmanen 1529 Wien. Ein letzter Vorstoß nach Mitteleuropa fand 1683–1699 statt. Die Türkenkriege wurden ebenso im Mittelmeer ausgetragen, wo 1571 eine bald darauf wieder zerfallende christliche Allianz bei Lepanto die osmanische Flotte vernichtend schlagen konnte. Im östlichen Mittelmeer konnten die Osmanen ihre Herrschaft danach konsolidieren und ausbauen.
Verbündete gegen den Islam?
Handel mit Gewürzen und Profit war nicht das einzige Motiv der Expansion. Vielmehr war man auf der Suche nach Verbündeten im Kampf gegen den Islam. Von den Küstenniederlassungen in Afrika aus wurden durch Angehörige der Bettelorden auch Missionsversuche unternommen, besonders im Königreich Kongo, dessen Herrscher Nkuwu Nzinga (1470–1509) um Missionare bat, selbst 1491 die Taufe empfing und Gesandtschaften an den Papsthof schickte. Auch sein Sohn bewunderte die portugiesische Kultur und wollte sein Reich mittels eines einheimischen Klerus bekehren. Eine gewisse christliche Präsenz blieb auch noch in der Folge erhalten. Mit dem seit der Antike christlichen Königreich Äthiopien, das auf Unterstützung gegen die Osmanen hoffte, wollte Portugal nicht nur wegen dessen strategischer Lage Kontakte knüpfen. Freilich versuchte man, das ostkirchlich geprägte Kirchenwesen durch das lateinische zu ersetzen, was 1628 zum Bürgerkrieg und in der Folge zur Ausweisung der westlichen Missionare führte. Da auch in Asien und Amerika westliche Missionare zu wirken begannen, verbreitete sich das lateinische Christentum nunmehr weltweit.