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1.Reform der Theologie durch Paulus und Augustinus Martin Luthers Werdegang

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Martin Luther wurde am 10. November 1483 in Eisleben in eine aufstrebende und zeitweise auch wirtschaftlich erfolgreiche Familie hineingeboren, der Vater war Bergbauunternehmer. Er ermöglichte Martin den Besuch der Lateinschule und schließlich ab 1501 das Studium an der Erfurter Universität, wo er zum Magister in den Artes liberales (v.a. Logik und philosophische Schriften als Voraussetzung für den Besuch der höheren Fakultäten) promoviert wurde. Anders als vom Vater gewünscht, entschied er sich nun nicht zum Jurastudium, sondern trat 1505 in das Erfurter Kloster der Augustinereremiten ein; ein Bettelorden, der auf Predigt und städtische Seelsorge spezialisiert und in Erfurt eng mit der Universität verbunden war.

Stichwort

Augustinismus

Um 400 hatte der irische Mönch Pelagius die Lehre vertreten, dass die Gnade des Evangeliums darin bestehe, dass uns mit Christus ein Vorbild gegeben sei. Gegen diese Lehre hat Augustinus angekämpft: Wir hätten nicht die Kraft, dem Beispiel Jesu zu folgen, wenn nicht die Gnade erst in unser Herz gegossen worden und unser Wille dadurch vom Egoismus zur Gottesliebe umgepolt worden wäre. Die augustinische Lehre setzte sich auf den Synoden von Karthago 418 und Orange 529 durch und galt im Mittelalter als Doktrin der Kirche. Eine streng an seiner Position orientierte Lehre lehnte jede Vorbereitung auf das Heil und jede Verdienstmöglichkeit des Sünders vor Gott ab. Ob ein Mensch gerettet werde oder nicht, sei nur das Ergebnis des freien Ratschlusses Gottes (Prädestination). Im Mittelalter rezipierte man die Kirchenväter vor allem nach Textsammlungen, etwa den Sentenzen des Petrus Lombardus (ca. 1095/1100–1160) und der Rechtssammlung Gratians († vor 1160) (Decretum Gratiani). Hier wurden auch Textstellen anderer Autoren unter seinem Namen mit überliefert; zudem auch Positionen des jungen Augustinus, der noch nicht seine strenge Gnadenlehre vertrat. So blieben viele Fragen umstritten, etwa, ob man sich auf die Gnade vorbereiten könne, ob der Wille mitwirken müsse, ob man vor Gott als Gerechtfertigter dann Verdienste erwerben könne. Ein strenger Augustinismus, der den übrigen Theologen „Pelagianismus“ vorwarf, trat immer wieder als Außenseitermeinung auf.

Augustinereremit und Professor der Theologie

Luther selbst hat im Rückblick diese Entscheidung so dargestellt, als sei sie unter dem Schreck eines lebensgefährlichen Gewitters auf dem Feld nahe Stotternheim bei Erfurt erfolgt, mithin unter Furcht und Zwang. Doch stammen diese Selbstzeugnisse aus einer Zeit, als er grundsätzlich die Ordensgelübde als Formen der Werkgerechtigkeit nicht mehr als bindend interpretierte und auch den eigenen Bruch mit diesen rechtfertigen wollte. Kirchenrechtlich wäre ein unter Furcht hervorgegangenes Versprechen von seinem Konvent kaum als legitim akzeptiert worden. Da Luther bereits universitäre Bildung mitbrachte, wurde er dann jedenfalls zum Weiterstudium der Theologie in Erfurt und dann in Wittenberg bestimmt und damit für den Kreis jener Bildungselite im Orden, der vielfach auch in Leitungsämter einrückte. Der Generalvikar (ab 1509 Provinzial) der sächsischen Provinz Johann von Staupitz (1460–1524) protegierte ihn entsprechend. Um diesen in Ordensangelegenheiten zu unterstützen, unternahm Luther 1511/12 eine Reise an die römische Kurie. Ab 1512 folgte er Staupitz an der Wittenberger Universität als Professor für Theologie, dessen Aufgabe es war, die Heilige Schrift auszulegen, nach. Über Staupitz als Förderer Luthers wurde diesem eine spirituelle Prägung zuteil, die an Augustinus und der mittelalterlichen Mystik orientiert war. Augustinus war im Orden vor allem spirituelles Vorbild, ein idealer Mönch, der demütig nicht auf die eigene Gerechtigkeit, sondern auf Gottes Gnade vertraute und deren Wohltaten bekannte. Gottes Haltung den Menschen gegenüber lässt sich in jener Liebe erkennen, mit der Christus sich für uns am Kreuz hingegeben hat. Die Betrachtung seiner Wunden gibt jene Geborgenheit, die man niemals hätte, wenn man sich vor Gott nur auf die eigenen guten Werke verlassen könnte. Luther erfuhr durch Augustinus’ Gnadenlehre eine spirituelle Formung, wenn auch in Erfurt keine streng an Augustinus orientierte theologische Schulprägung (Augustinismus) gelehrt wurde.

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