Читать книгу Nur dämlich, lustlos und extrem? - Kurt Möller - Страница 43
ОглавлениеWelche Themen greifst du in deinen Texten sonst noch so auf, hast du ’ne spezielle Message?
Auf jeden Fall keine direkte Handlungsempfehlung. Das wäre das Lächerlichste überhaupt, wenn man in seine Texte so was reinpackt wie: Drogen sind scheiße. Es ist vielmehr eine Beschreibung, wie das Leben an mir vorbeizieht. Jeder muss seine Erfahrungen machen. Man hört sich das vielleicht an, denkt darüber nach und findet vielleicht die gleichen Sachen ansprechend, die mir im Kopf herumgehen. Aber das ist wahrscheinlich der Ausnahmefall, dass sich jemand ein Buch durchliest oder einen Track anhört und dann von heut auf morgen alles radikal ändert. Ich geb eher Anregungen und Impulse, statt ’ne Message rüberbringen zu wollen. Wir können uns alle richtig viel aus Musik rausholen, und es wäre gut, wenn die Musik jeder oder jedem Einzelnen hilft, seinen oder ihren Weg zu finden, der auch wirklich zu den einzelnen Personen passt und nicht die große Message für alle ist.
Angenommen, du könntest dir deine Welt texten, so wie sie dir gefällt. Wie würde sie aussehen?
Im Endeffekt würden die meisten Menschen mit gesundem Menschverstand sich eine Welt ausmalen, die gerecht ist, die fair ist, in der jedes Individuum ohne Einschränkungen wegen seines Geschlechts, seiner Hautfarbe oder seines Alters leben kann – die besten Rahmenbedingungen für die Selbstverwirklichung halt. Nachteil: Vermutlich hätte aber auch jede*r den höchsten moralischen Zwang überhaupt. Momentan ist es so, dass es viel zu kritisieren gibt, was natürlich viele Möglichkeiten mit sich bringt, sich künstlerisch auszudrücken. Da würde viel kreatives Zeug wegfallen, wenn alles perfekt wäre; dann könntest du höchstens irgendwelche Texte schreiben, wie supertoll die Welt ist … klasse. Man muss sich schon auch noch reiben können zwischen den Polen gut und schlecht. Meine Welt wäre schon eine utopische, in der sich alle theoretisch selbstverwirklichen können und es allen einigermaßen gut geht. Ist dann nur noch die Frage offen, ob man die Kunst überhaupt noch braucht oder nicht.
Da würde viel kreatives Zeug wegfallen, wenn alles perfekt wäre.
Eine Textzeile von dir geht: »23, mal langsam Zeit, erwachsen zu werden, doch ich hab immer noch nicht viel übrig für die Machenschaften der Erde.« Was denn für Machenschaften?
Die üblichen Machenschaften, die ab einem gewissen Alter von dir erwartet werden: Familie, Kinder, Job, schöner Garten, sich in die Gesellschaft nahtlos einfügen. Zusammengefasst bin ich theoretisch alt genug, um erwachsen zu sein, aber ich hab ehrlich gesagt keinen Bock, mir das Korsett des Erwachsenseins überstülpen zu lassen.
Es wäre gut, wenn die Musik jeder oder jedem Einzelnen hilft, seinen oder ihren Weg zu finden.
Ich hab ehrlich gesagt keinen Bock, mir das Korsett des Erwachsenseins überstülpen zu lassen.
Gibts außer Rap noch ein anderes Medium in deinem Leben, das man als politische Ausdrucksform von dir bezeichnen könnte?
Ich schreibe gerade Gedichte, das macht übelst Bock. Was ich denk, bring ich auf Papier, und dann bastele ich aus dem Schub, der da aus mir rausgekommen ist, ein Gedicht … allerdings ohne Reimform, ohne Formzwang. Ich sehe da einen Sinn drin, das ist eine Beschäftigung, die mir Spaß macht. Und vielleicht können die wenigen Leute, die das lesen, etwas herausziehen und sich im besten Fall ein Stück weit in den Gedichten wiederfinden.
Was hältst du davon, dich in Parteipolitik zu engagieren, um so deinen Gedanken Luft zu machen?
Ich folge da Winston Churchill, der meinte, dass Demokratie die schlechteste aller Staatsformen ist, abgesehen von allen anderen, die bisher ausprobiert worden sind. Demokratie hält das Land zusammen, aber ganz optimal ist das alles nicht. Eine größere Wirtschaftskrise, und das Ganze gerät ins Wanken. Wir können halbwegs in Frieden leben, Kunst machen, und bis es was Besseres gibt, ist die liberale Demokratie der Status Quo, den wir eben haben. Für mich wäre Parteipolitik aber nichts Ewiges, dann müssten die Debatten schon in Rap-Battles ausgetragen werden. [lacht]