Читать книгу Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer - Страница 34
3.2 Die richterliche Rechtsfortbildung
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Stößt der Richter auf eine Gesetzeslücke, darf er die Entscheidung nicht einfach verweigern, weil sein Fall gesetzlich nicht geregelt sei, sondern muss gemäß Art. 20 III GG selbst das Recht finden[22]. Voraussetzung freilich ist eine planwidrige Lücke[23], denn geplante Lücken sind zu respektieren. Das Gesetz kann von Anfang an lückenhaft sein oder durch wirtschaftliche, soziale oder technische Veränderungen nachträglich lückenhaft werden[24]. Durch ergänzende Gesetzesauslegung denkt der Richter die unvollständige gesetzliche Regelung zu Ende und schließt die Lücke aus dem Geiste des Gesetzes. In diesem engen Rahmen ist die richterliche Rechtsfortbildung auch verfassungsrechtlich unbedenklich[25]. Dagegen darf sie weder eine vollständige gesetzliche Regelung überspielen noch die Grundwerte der Verfassung missachten.[26]
Das klassische Mittel der Rechtsfortbildung ist die Analogie: die entsprechende Anwendung des Gesetzes auf einen Fall, den es planwidrig nicht erfasst[27]. Sie tritt in zwei Formen auf: als Gesetzes- und als Rechtsanalogie. Die Gesetzesanalogie besteht aus der entsprechenden Anwendung einer einzelnen Rechtsnorm, die Rechtsanalogie aus der entsprechenden Anwendung mehrerer gleichartiger Vorschriften.
Das Erst-recht-Argument (argumentum a majore ad minus) besagt: Gilt die Rechtsnorm für den einen Fall, dann erst recht für den anderen, der den Gesetzeszweck noch besser erfüllt[28].
Die teleologische Reduktion wendet eine Rechtsnorm gegen ihren Wortlaut nicht an oder schränkt sie ein. Und der Umkehrschluss argumentiert: Wenn das Gesetz eine Rechtsfolge an einen bestimmten Tatbestand knüpft, gilt es für andere Tatbestände auch dann nicht, wenn sie ähnlich sind[29].