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Deserteure

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Am 21. April 1705 wurde irgendwo im Herzen Frankreichs ein ungebildeter Bauer namens Pierre La Sire von einem Kriegsgericht schuldig gesprochen, seine Infanteriekompanie verlassen zu haben. Zur Strafe schnitt man ihm Nase und Ohren ab und brandmarkte seine Wange mit der Fleur-de-lis, dem Symbol der französischen Monarchie. Der Rest der Strafe war mindestens so schlimm wie eine Hinrichtung – vielleicht sogar schlimmer: Der Mann verbrachte den Rest seines Lebens als Rudersklave auf einer Galeere.

Auch wenn es scheint, als wären La Sires Richter weit übers Ziel hinausgeschossen, so muss der Fall doch als typisch gelten. Fahnenflucht war in der französischen Armee in jenen Jahren ein verbreitetes Phänomen, und die einzelnen Strafen dafür waren sehr unterschiedlich, weil die Gesetze zur Fahnenflucht mehrfach geändert wurden. Aber Todesstrafe, Verstümmelung des Gesichts und der Einsatz als Rudersklave waren die geläufigsten Strafen. Immerhin stand die Autorität des Königs auf dem Spiel. Manchmal waren die Strafen auch weniger extrem, zum Beispiel, wenn man Deserteure einfach wieder in die Armee eingliederte.

La Sires Schicksal deutet darauf hin, welch riesigen Bedarf an Mannschaften die französische Armee um 1700 hatte. In einigen Fällen ließ man sogar des Mordes Angeklagte mitmarschieren, die so einer Verurteilung entgehen konnten. Zwar verfügte Frankreich schon lange über eine große Zahl Freiwilliger, aber die aggressive französische Außenpolitik, zunächst des Kardinals Richelieu, dann jene König Ludwigs XIV., brauchte immer größere Armeen. Das Ergebnis war, dass Frankreichs stehende Landstreitkräfte ab den frühen 1690er-Jahren insgesamt 320.000 Mann zählten – in den 1620er-Jahren waren es noch 10.000 bis 20.000 gewesen. Auf eine solche Zahl konnte man nur kommen, indem man organisierte Banden in ländliche Gebiete ausschickte, die Menschen dazu überreden oder zwingen sollten, sich dem Heer anzuschließen – mit Mitteln, die von Betrug bis hin zu nackter Gewalt reichten. Pierre La Sire war mit ziemlicher Sicherheit einer der jungen Männer gewesen, die man auf diese Weise aus ihrer dörflichen Umgebung gerissen hatte.

Im 17. Jahrhundert sahen sich Schwedens Bauern erschütternden Praktiken zur Rekrutierung von Soldaten ausgesetzt. In England, Spanien und Deutschland erlebten die Menschen Ähnliches. Zwei kurze Vignetten aus anderen Teilen Europas sollen den extremen Bedarf an Soldaten veranschaulichen.

Im Jahr 1712 führte Peter der Große von Russland eine neue Praxis ein, um die Fahnenflucht in seinem Heer zu stoppen: Man „brandmarkte Rekruten auf die gleiche Art und Weise wie gewöhnliche Kriminelle … Das Zeichen des Kreuzes wurde ihnen in den linken Arm gebrannt, und in die Wunde rieb man Schießpulver“.

In Norditalien ordnete der Befehlshaber der kaiserlichen Truppen, Prinz Eugen von Savoyen, im Jahr 1707 an, „dass jeder Soldat, der mehr als hundert Schritte vom Heereszug entfernt marschiert, … gehängt werden soll“.

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