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Ein Bauernjunge (1634)
ОглавлениеAls der Dreißigjährige Krieg in Deutschland auf seinem Höhepunkt war, wurde die Reichsstadt Augsburg über sieben Monate lang belagert. Als eine der reichsten „freien“ Städte Süddeutschlands war Augsburg die Heimat der Fugger, der Höchstetter und der Welser, internationaler Bankiers von Königen und Kaisern. Zwei in der Hauptsache katholische Armeen umzingelten die Stadt im September 1634 – sie bestanden aus Bayern und anderen deutschen Einheiten, doch es waren auch Soldaten aus Kroatien, Spanien, Polen, Italien und anderen Teilen Europas dabei. Die Belagerung begann damit, jegliche Nahrungsmittelversorgung abzuschneiden und den Lech, der die Stadt durchfließt, zu stauen.
Irgendwann Ende Oktober erwischte man am Stadtrand von Augsburg einen Bauernjungen, der drei Lerchen bei sich trug, die er, so wurde behauptet, in die Stadt schmuggeln wollte. Er wurde sofort aufgeknüpft, sicherlich in Sichtweite der Stadtmauern; die Lerchen band man ihm demonstrativ an den Gürtel. Das geschah zur Warnung an Reisende und alle anderen, die es sahen: Lebensmittel in die belagerte Stadt zu schmuggeln war gefährlich.
Mag sein, dass der Offizier, der den Jungen hinrichten ließ, im Falle des Bauernknaben strenger war als bei anderen, die die Blockade zu überwinden versuchten. Manchen ließ man das Leben, dafür musste mehr Blut fließen: Eine geringere Strafe für solche Vergehen war das Abschneiden von Nasen und Ohren.
Der Augsburger Jakob Wagner erwähnt diesen Vorfall in seiner Chronik ohne weiteren Kommentar. Er nennt auch nicht den Namen des Jungen, obwohl er es mit Namen ansonsten sehr genau nimmt; in diesem Fall war er wohl einfach nicht in der Lage, die Identität eines einfachen Bauernjungen zu ermitteln. Doch ist dies seinen Aufzeichnung nur ein Beispiel in einer ganzen Reihe von Grausamkeiten. Im Laufe des Dreißigjährigen Kriegs bekam er eine ganze Reihe solcher Vorfälle zu sehen und zu hören.