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Tierhäute

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Gehen wir wieder einen Schritt zurück, ins späte 16. Jahrhundert. Das Thema auch diesmal: eine Hungersnot. Neun angstvolle Monate lang, bis zum August 1573, wurde das Bergdorf Sancerre in der Nähe von Bourges in der Mitte Frankreichs von der königlichen Armee belagert. Ein religiös motivierter Bürgerkrieg tobte zwischen Katholiken und Protestanten (den „Hugenotten“), und als im befestigten Sancerre, in dem sich die Hugenotten verschanzt hatten, die Lebensmittelvorräte aufgebraucht waren, griff man zu wahrlich verzweifelten Maßnahmen.

Der Hugenotten-Pastor Jean de Léry befand sich die gesamte Zeit der Belagerung über in der Stadt und verfasste fast zeitgleich einen Bericht über seine Erfahrungen dort. Das zehnte Kapitel seiner Geschichte, das sich mit den Auswirkungen der Hungersnot in der kleinen Stadt beschäftigt, gilt als eine der erschütterndsten Stellen in europäischen Chroniken überhaupt. Hier soll für den Moment nur erwähnt werden, dass er beschreibt, wie die Sancerrois in ihrer Suche nach Nahrung Tierhäute und Leder kochten, bis hin zu Pferdegeschirr, Pergament, Briefen, Büchern und den Fellen von Trommeln. Einige aßen sogar pulverisierte Knochen und die Hufe von Pferden.

Die Tierhäute und Trommelfelle, so teilt er uns mit, wurden ein oder zwei Tage lang eingeweicht, wobei man das Wasser immer wieder wechselte. Dann schabte man sie mit einem Messer ab und kochte sie fast einen ganzen Tag lang, bis sie weich waren. Um dies festzustellen, „kratzte man mit den Fingern an den Häuten und stellte fest, ob sie klebrig waren“. Jetzt konnte man die Häute wie Kutteln in kleine Stücke schneiden und mit Kräutern und Gewürzen vermengen.

Wenn Menschen so etwas tun müssen, spricht das, was die Grausamkeit des Krieges betrifft, für sich.

Blutiges Zeitalter

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