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Ein Kommandant: Blaise de Monluc (ca. 1500–1577)

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Blaise de Montesquiou-Lasseran-Massencôme, Seigneur de Monluc, war das älteste von elf Kindern. Seine Familie gehörte dem Adel der Gascogne an, besaß ein Schloss in der Nähe von Condom (120 Meilen südlich von Bordeaux), und auch wenn es ihr finanziell nicht mehr ganz so gut ging, verfügte sie über einflussreiche Verbindungen. Monlucs Bruder Jean wurde später Bischof von Valence.

Als die Familie beschloss, dass Monluc sein Glück beim Militär suchen sollte – das Einkommen aus den familieneigenen Immobilien war zu dürftig, um ihm ein standesgemäßes Leben zu ermöglichen –, schickte man den 13-Jährigen zu Antoine, dem Herzog von Lothringen, der ihn zunächst als Pagen einstellte, dann als Bogenschützen (als Gehilfe eines Reiters der schweren Kavallerie) in einer seiner Kompanien. Im Alter von 20 Jahren nahm Monluc an einem Feldzug in den Italienkriegen teil und geriet bei der Schlacht von Bicocca (April 1522) in Gefangenschaft. Von diesem Punkt an war sein Leben von Waffen, Feldzügen und Pferden bestimmt, und er wurde an verschiedenen Orten stationiert, mit Ausnahme von ein paar Intervallen, als er durch Beziehungen an den Hof des Königs kam; hier und anderswo fiel er jedoch manchmal in Ungnade, weil er zu freimütig seine Meinung äußerte. Aber er rappelte sich immer wieder auf. Er diente in Italien unter dem bekannten General Lautrec (Odet de Foix), und in der Zwischenzeit erwarb er sich einen gewissen Ruf.

In der Schlacht von Pavia (im Februar 1525) wurde er wieder einmal gefangengenommen – genau wie der König von Frankreich. Monlucs Entführer verlangten Lösegeld, eine Praxis, die sich bis ins 18. Jahrhundert fortsetzte. So gut wie alle Adligen, die im Krieg in Gefangenschaft gerieten, mussten sich freikaufen. Und die Lösegelder waren hoch, oft bis zu einem Jahresgehalt des Gefangenen. Bei dieser Gelegenheit scheint Monluc jedoch ausnahmsweise davongekommen zu sein, ohne dass er etwas bezahlen musste. Bald darauf taucht er als Offizier wieder auf, in Neapel, Marseille, im Artois, in Perpignan, Cérisoles, der Boulogne, Moncalieri, Siena, La Rochelle, Lhionville und an vielen weiteren Orten. Seine Kampferfahrung konnte er in fünf Schlachten, 19 Angriffen auf Festungen, 11 Belagerungen und etwa 200 Scharmützeln unter Beweis stellen.

Mit der Zeit wuchs Monlucs Ruhm, so als Kommandant bei der Belagerung von Siena 1554/55, noch mehr indes im Rahmen seiner barbarischen Aktivitäten in den Hugenottenkriegen der 1560er- und 1570er-Jahre in Frankreich. Er war ein gnadenloser Kämpfer für den König und die katholische Kirche, er „zierte die Bäume mit Gehängten“ und schickte „die Bewohner ganzer hugenottischer Städte ins Verderben“, so geschehen etwa in Monségur, Targon und Vergt im Jahr 1562.

Sein Körper wurde zu einer veritablen Landkarte seiner Kriegserfahrungen. Durch eine besonders tollkühne Aktion verlor er beinahe einen Arm, an einer Schulter und einem Handgelenk erlitt er schwere Schusswunden, ein Hüftknochen war verschoben, und ab 1570 trug er eine lederne Maske, die er sich eigens dazu anfertigen ließ, die Spuren eines Schusses aus einer Arkebuse zu verbergen, der ihn seine Nase und einen Teil seines Gesichts gekostet hatte. Doch trotz allem versuchte er nie, seine Familie aus dem Kriegsgeschehen herauszuhalten. Sein Lebenswandel weist darauf hin, dass er sich überhaupt kein anderes Leben mehr vorstellen konnte. Im Alter von etwa 46 Jahren war er bereits Witwer, aus dieser ersten Ehe hatte er vier Söhne und drei Töchter. Drei Söhne wurden Soldaten und starben im Kampf; der vierte trat einem geistlichen Ritterorden bei, dem Malteserorden, und wurde später Bischof von Condom. Zwei seiner Töchter gingen ins Kloster. 1574 machte ihn König Heinrich III. zum Feldmarschall (Maréchal de France).

Anfang der 1570er-Jahre diktierte Monluc einen langen Brief, in dem er sich und seine Taten rechtfertige. Anlass war eine offizielle Überprüfung seiner Finanzen als Gouverneur der Guyenne. Später erweiterte er diesen Brief und machte daraus seine Commentaires. Dieses Werk ist eine packende Autobiografie und ist in vielerlei Hinsicht typisch für eine bestimmte Art von Adligen, die beim Militär ihre Berufung fanden; eine Berufung, die sie mit tiefer Leidenschaft erfüllte. Die einzigen Abschnitte seines Leben, in denen er unglücklich oder unzufrieden war, scheinen diejenigen gewesen zu sein, in denen er fern war von bewaffneten Männern, Kavalkaden, Schlachten und Rüstungen, Kommandos und großen Gesten.

König Heinrich IV. von Frankreich († 1610) war Monluc ganz ähnlich, als er ein junger Mann war und auch noch später: Er liebte Pferde, bewaffnete Kompanien und den Tumult des Kriegs. Genau wie König Gustav Adolf von Schweden übrigens. Kaum etwas begeisterte sie so sehr wie der Galopp in die Schlacht, zumeist flankiert von Männern aus uralten Adelslinien.

Doch in Europas Armeen dienten ja beileibe nicht nur Adlige. Alles war dabei – vom Schwerverbrecher bis hin zum Kavalier, der für Glauben, König, Ehre, Geld oder einen höheren persönlichen Status kämpfte. Der „gute Zweck“ und blankes Eigeninteresse marschierten Hand in Hand. Die Motive waren verschwommen und wechselten. Doch wenn die blanke Notwendigkeit (der Hunger beispielsweise) viele arme Männer aus Stadt und Land zum Militärdienst trieb, war dies bei den Offizieren, die aus vornehmeren Familien stammten, meist nicht der Fall. Es gab auch hier Ausnahmen, so in Schweden, Spanien und Deutschland: Söldner, die vom äußersten sozialen Rand der Adelsschicht stammten, „Herren“ ohne Einkommen, ohne Pferd oder eigene Mittel. Auch diese Männer zogen (wie ihre reicheren Standesgenossen) in den Krieg, entweder um ihre finanzielle Lage zu verbessern, oder weil sie „hehre Ziele“ hatten oder Abenteuer suchten. Und manche waren sogar darauf aus, später in Gesellschaft ihre Kriegsnarben präsentieren zu können. Der dänische General Graf Josias Rantzau rühmte sich seiner sage und schreibe 60 Wunden – „im Laufe seiner Karriere“ verlor er unter anderem „ein Auge, einen Fuß, eine Hand und ein Ohr“. Seit Menschengedenken war die Tapferkeit im Feld etwas, das den wahren Edelmann auszeichnete.

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