Читать книгу Kindheit, Knabenalter, Jünglingsjahre - Лев Толстой, Leo Tolstoy, Liev N. Tolstói - Страница 14

Spiele

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Die Jagd war zu Ende. Im Schatten der jungen Birken wurde ein Teppich ausgebreitet, auf dem sich jetzt die ganze Gesellschaft im Kreise lagerte. Gabriel, der Küchenmeister, drückte das grüne, saftige Gras neben sich nieder, wischte Teller ab und holte aus einer Schachtel in Blätter gewickelte Pflaumen und Pfirsiche hervor. Durch die grünen Zweige der jungen Birken schien die Sonne und warf auf den Teppich, auf meine Füße und sogar auf die schweißbedeckte Glatze Gabriels runde, schwankende Lichtflecken. Der leichte Wind, der durch das Laub der Bäume, durch meine Haare und über mein erhitztes Gesicht wehte, erfrischte mich außerordentlich.

Als wir unsern Anteil am Gefrornen und an den Früchten erhalten hatten, gab es für uns auf dem Teppich nichts mehr zu tun, und trotz der schräg fallenden, glühenden Strahlen der Sonne standen wir auf und gingen spielen.

»Also was spielen wir?« fragte Ljubotschka, mit den Augen blinzelnd und auf dem Grase umherhüpfend, »vielleicht Robinson?«

»Nein, das ist langweilig«, sagte Wolodja, der sich faul ins Gras geworfen hatte und an einem Blatt kaute. »Immer und ewig Robinson! Wenn ihr schon durchaus etwas tun wollt, so laßt uns lieber eine kleine Laube bauen.«

Wolodja machte sich sehr wichtig: wahrscheinlich war er stolz darauf, daß er auf einem Jagdpferde geritten war; er tat, als wäre er sehr müde. Vielleicht auch hatte er schon zu viel gesunden Verstand und zu wenig Einbildungskraft, um sich am Robinsonspiel genügend zu ergötzen. Dieses Spiel bestand in der Darstellung von Szenen aus »Robinson suisse«, den wir nicht lange zuvor gelesen hatten.

»Ach bitte, warum willst du uns nicht das Vergnügen machen?« bettelten die Mädchen; »du wirst Charles sein, oder Ernest, oder der Vater, was du willst«, sagte Katjenka, indem sie sich bemühte, ihn am Rockärmel in die Höhe zu ziehen.

»Ich mag wirklich nicht, es ist langweilig«, entgegnete Wolodja, sich reckend und mit selbstgefälligem Lächeln.

»Da wär's doch besser gewesen, zu Hause zu sitzen, wenn niemand spielen will«, stammelte Ljubotschka unter Tränen. Sie war eine schreckliche Heulliese.

»Na, so kommt, nur wein' bitte nicht, ich kann das nicht ausstehen.«

Wolodjas Herablassung bereitete uns sehr wenig Vergnügen, im Gegenteil: sein träges und gelangweiltes Aussehen zerstörte den ganzen Zauber des Spieles. Als wir uns niedersetzten und – in der Einbildung, daß wir auf den Fischfang fahren – aus allen Kräften zu rudern anfingen, saß Wolodja mit gekreuzten Armen da, in einer Stellung, die nicht die geringste Ähnlichkeit hatte mit derjenigen eines Fischers. Ich sagte ihm das, aber er antwortete, daß wir durch unser stärkeres oder schwächeres Armschwenken weder etwas gewinnen noch verlieren, da wir ja doch nicht von der Stelle kämen. Ich mußte ihm unwillkürlich recht geben. Als ich, einen Gang auf die Jagd darstellend, mit einem Stocke auf der Schulter, dem Walde zuging, legte sich Wolodja mit unterm Kopf verschränkten Händen auf den Rücken und sagte mir, ich solle annehmen, daß auch er zur Jagd gehe. Ein solches Benehmen und solche Reden wirkten abkühlend auf unseren Spieleifer und waren sehr unangenehm, um so mehr, als man im Grunde seines Herzens zugeben mußte, daß Wolodja vernünftig handelte.

Ich weiß ja selbst, daß man mit einem Stocke nicht schießen, geschweige denn einen Vogel töten kann. Es ist nur Spiel. Aber wenn man so urteilt, so kann man ja auch nicht auf Stühlen spazieren fahren, und doch weiß Wolodja noch recht gut, denke ich, wie wir an langen Winterabenden einen Lehnstuhl mit Tüchern bedeckten und aus ihm einen Wagen machten; der eine von uns spielte den Kutscher, der andere den Lakai, die Mädchen saßen in der Mitte, drei Stühle bildeten das Dreigespann – und wir machten uns auf die Reise. Und welch verschiedene Abenteuer erlebte man auf diese Art, und wie lustig und schnell vergingen die Winterabende! – Wenn man nur an die Wirklichkeit denken soll, kann kein Spiel zustande kommen. Und wenn das Spiel aufhört, was bleibt da übrig?

Kindheit, Knabenalter, Jünglingsjahre

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