Читать книгу Wenn das so weitergeht, kauf ich mir 'ne Katze - Linette Carlson - Страница 16
KAPITEL 12
ОглавлениеUnseren Hausmeister Kai Lipinski habe ich noch nie bewusst wahrgenommen. Mittvierziger im Arbeitskittel zählen nun mal nicht zu der Sorte Mann, die mir ins Auge springt. Ich scheine auch nicht seine Kernzielgruppe zu sein, denn er fragt mich im Auto, ob ich neu in der Firma bin. Eigentlich könnte es mir vollkommen egal sein, ob mich ein Mann bemerkt, den ich sowieso unattraktiv finde, aber seine Frage trifft mich. Bin ich so unscheinbar, dass mich sogar ein Typ wie er jahrelang übersieht?
Als ich erfahre, dass er erst vor sechs Monaten in der Firma angefangen hat, rege ich mich ein bisschen ab. Allerdings nur ein bisschen. Sechs Monate reichen doch wohl, um mich zu bemerken! Andererseits: Mir ist er ja auch nicht aufgefallen. Dabei ist er auf den zweiten Blick recht ansehnlich. Schöne braune Augen hat er und noch alle Haare. Zwar keine Frisur, aber Haare zu schneiden ist ja leichter, als Haare zu transplantieren.
Äh, stopp mal! Was treibe ich hier gerade? Bin ich etwa schon so bedürftig, dass ich jeden neuen Kerl in meiner Umgebung als potenziellen Partner in Erwägung ziehe? Ja, anscheinend. Scheiße. Dabei hatte ich doch so gehofft, dass ich diese Singlefrauen-über-35-Macke nicht entwickle. Ich will keinen Notmann, ich will einen, der wirklich zu mir passt und den ich total toll finde.
„Wir sind da! Soll ich beim Aussteigen helfen oder geht’s?“, fragt Kai Lipinski und lächelt dabei so lieb, dass ich quasi automatisch den Ehering-Check mache. Das hätte ich lieber gelassen, denn die Erkenntnis, dass Kai Lipinski schon vergeben ist, gibt meiner Laune einen weiteren Schub Richtung Keller. Bloß weg, bevor er noch von seiner superglücklichen Ehe erzählt.
„Danke fürs Herfahren!“, murmele ich und steige schnell allein aus. Kai Lipinski wünscht mir höflich gute Besserung und gibt Gas.
„Wer war denn das?“, schallt es plötzlich hinter mir.
Ich drehe mich um und erblicke Nora, die dem wegfahrenden Kombi von Kai Lipinski neugierig hinterherschaut.
„Hast du einen neuen Freund, Steffi?“
Ich winke ab.
„Ist nur ein Kollege.“
Nora kauft mir das, warum auch immer, nicht ab, sondern glaubt, dass ich noch sauer auf sie bin und deswegen nicht bereit, ihr irgendetwas über mein Leben zu erzählen. Da ich tatsächlich keine Lust verspüre, meine Blinddarm-Story einem größeren Publikum zu präsentieren, lasse ich das so stehen und wir schweigen uns eine Weile an. Bis Nora mir einen Brief in die Hand drückt.
„Hier, für dich!“, sagt sie. „Den wollte ich dir in den Briefkasten schmeißen, aber wenn wir uns schon treffen… Tschö!“
Damit verschwindet sie schon um die Ecke und ich hinke mit dem Brief zu meinem Wohnhaus. Bis ich merke, dass ich ja gar nicht mehr hinken muss.