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C C Quellen der Aktionstherapie I
1. Gisela Konopka: Gruppenarbeit - eine Wurzel moderner Sozialarbeit

Gisela Konopka gilt als die „Mutter der Gruppenarbeit“. 1910 als Gisela Peiper geboren, verbrachte sie ihre Kindheit und Jugend in Berlin. Obwohl die Eltern in bescheidenen Verhältnissen lebten und ihren Lebensunterhalt mit einem kleinen Gemüsegeschäft verdienten, durfte Gisela aufs Gymnasium gehen und ihr Abitur machen. Die Familie war jüdisch, der Vater Sozialdemokrat, und die junge Gisela hatte sich schon bald einer linken jüdischen Jugendgruppe angeschlossen. Nach dem Abitur ging sie nach Hamburg und arbeitete als Fabrikarbeiterin. Dort schloss sie sich dem Internationalen Sozialistischen Kampfbund an. Von 1929 - 1933 studierte sie an der Universität Hamburg Geschichte, Psychologie, Philosophie und Pädagogik/Sozialpädagogik. In ihrer Hamburger Zeit lernte sie den Facharbeiter Paul Konopka kennen. Da sie Kontakt zu Widerstandskämpfern hatte, wurde sie 1936 verhaftet und in das Konzentrationslager Hamburg-Fuhlsbüttel gebracht. In ihrer Autobiographie „Mit Mut und Liebe“ schreibt sie: „Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, in dem abgeschlossenen Raum zu ersticken. Plötzlich wurde ich von Hass überflutet. Ich bekämpfte die Nazis aus einer heftigen Reaktion heraus, weil mir die Achtung vor dem Menschen so wichtig war. Ihre Taten hatte ich verabscheut, aber so persönlich, so tief von innen heraus und so furchtbar wie in diesem Augenblick hatte ich noch nicht gehasst… Ich hasste, ich hatte Angst, ich war voller Zweifel“. (Gisela Konopka a.a.O. S. 147).

Nach einigen Wochen wird sie entlassen. Sie flieht über die Tschechoslowakei nach Österreich. Hier wird sie noch einmal verhaftet, wird wieder entlassen und kommt über Frankreich und Portugal schließlich 1941 in die USA. Zunächst verdient sie sich in New York den Lebensunterhalt durch Putzen. Sie beginnt ein Studium in „Social Group Work“ an der School of Social Work in Pittsburgh. Sie arbeitet dann als Social Group Worker in einer Klinik in Pittsburgh und bekommt schon 1947 einen Ruf als Professorin für Social Work an die Universität von Minnesota in Saint Paul. Gisela Konopka ist beeinflusst von dem Begründer der Gruppendynamik Kurt Lewin. Sie fühlt sich, wohl aufgrund des eigenen Schicksals, sozial benachteiligten Jugendlichen verpflichtet. Ihr Anliegen ist es, die Soziale Gruppenarbeit in der Sozialarbeit bekannt zu machen, aber vor allem auch Sozialarbeitern ein gutes Handwerkszeug zu vermitteln. Sie kommt nach dem Krieg noch einige Male zurück nach Deutschland, um Vorträge zu halten. Sie spricht vor Führungskräften sozialer Einrichtungen der Heimerziehung und vor Dozenten der Sozialen Gruppenarbeit an den Fachhochschulen für Sozialarbeit/-pädagogik.

Gisela Konopka schreibt das Buch „Soziale Gruppenarbeit: Ein helfender Prozess“. Es wird in den 60er Jahren in den USA und später auch in Deutschland zu einem Standardwerk für Gruppenarbeit. Für Gisela Konopka hat die Arbeit in der Gruppe eine heilende Wirkung. Sie arbeitet nicht konfrontativ, sondern nutzt die Kräfte, die in einer Gruppe wirksam sind für intensive Sozialisationsprozesse, besonders für junge Menschen, die aufgrund ihrer sozialen Situation besondere Schwierigkeiten haben. In der Gruppe gewinnen sie Selbstvertrauen, bauen ihre Defizite ab und werden so letztlich auch zu sozialen Wesen, die einander in Liebe begegnen können. In ihrem anderen Buch „Heime - Lückenbüßer oder Lebens-Chance?“ (Hausschwalbach Wiesbaden 1971) schildert sie die Methoden der Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen im institutionellen Rahmen.

Heute sind diese Methoden aus der Sozialarbeit und Therapie nicht mehr wegzudenken. Zu ihrer Zeit war Gisela Konopka eine Pionierin.

2. Klientenzentrierte Gesprächsführung - Carl Rogers (1902 - 1987)

Der Psychologe und Psychotherapeut Carl Rogers wurde mit der Entwicklung seines Klientenzentrierten Ansatzes in der Psychotherapie zu einem der Begründer der Humanistischen Psychologie, die den Menschen von seinem Potenzial her betrachtet und ihn nicht durch Diagnosen pathologisieren will. Rogers erkannte in seiner Arbeit mit sozialschwachen Kindern und Jugendlichen, dass die Lösung eines Problems immer im Klienten liegt. Zu Beginn der therapeutischen Beziehung versucht der Klient, dem Therapeuten die Lösungsverantwortung zuzuschieben. Je mehr durch die Gesprächsführung jedoch deutlich wird, dass der Klient und seine Lösungskompetenz gestärkt werden sollen, entsteht ein Klima des Vertrauens, der Sicherheit, der Geborgenheit. In diesem Klima wächst das Zutrauen des Klienten in seine eigenen Fähigkeiten. Rogers spricht von einer „Aktualisierungstendenz“, die jedem Menschen innewohnt. Er meint damit das Streben nach sinnhaftem Dasein und Selbstverwirklichung. Ziel der Klientenzentrierten Gesprächsführung ist die Unterstützung des Klienten bei der Entdeckung seiner Individualität und der Entwicklung seiner Ressourcen. Dabei sind die „Basisvariablen“ des Beraters im Beratungsprozess geprägt von Echtheit/Kongruenz, Akzeptanz und Empathie. Der Berater verzichtet auf jede Bewertung oder Interpretation des Klientenverhaltens. Er legt alle Vorstellungen vom äußeren Bezugssystem ab. Er taucht vielmehr in die Welt des Klienten ein, versucht die Welt mit den Augen des Klienten zu sehen. Dafür ist es entscheidend, das innere Bezugssystem des Klienten zu übernehmen, den Klienten so zu sehen, wie er sich selbst sieht. „Wenn wir Verständnis dafür aufbringen können, wie der Klient sich in diesem Augenblick selbst sieht, dann kann der Klient alles Übrige allein erledigen. (Carl Rogers, Die klientenzentrierte Gesprächsführung, Kindler Verlag, Regensburg 1972, S. 43) „Der Therapeut muss aufhören, sich mit der Diagnose zu beschäftigen, er muss seinen diagnostischen Scharfsinn ruhen lassen und den Wunsch aufgeben, professionelle Wertbestimmungen vorzunehmen; er muss aufhören, genaue Prognosen stellen zu wollen, und der Versuchung widerstehen, das Individuum insgeheim zu lenken.“ (ebd.) Es gibt drei Bezeichnungen für die von Rogers entwickelte Therapie. Zunächst nannte er sie „Non-direktive Gesprächsführung“. In seinen Anfängen nahm sich Rogers in der Gesprächsführung völlig zurück, wiederholte das vom Klienten Gesagte und konzentrierte sich beim „Spiegeln“ darauf, die emotionalen Anteile des Gesagten prägnant werden zu lassen. Weil viele seiner Schüler diese Methode sehr abstinent praktizierten und mit ihren eigenen Gefühlen außen vor blieben, entstand ein von Rogers gar nicht beabsichtigtes Gefälle im dialogischen Prozess. Aktives Zuhören wurde zum sog. „Rogern“. Im nächsten Schritt nannte Rogers seine Methode „Klientenzentrierte Gesprächsführung“. Der Begriff beschreibt den Fokus, der für Rogers immer beim Klienten ist (s.o.) Selbst der Begriff des „Klienten“ symbolisierte für den späten Rogers noch ein Gefälle in der Berater-Klienten Beziehung. Deshalb versuchte er den Namen „Personenzentrierte Gesprächsführung“ zu etablieren, was aber nicht gelang. Durchgesetzt hat sich die „Klientenzentrierte Gesprächsführung“ als Basis-Verfahren in der Schulung z. B. von Mitarbeitern in der Telefonseelsorge, in der Einzel- und Paarberatung sowie in der Hospizarbeit. Doch hören wir noch einmal Carl Rogers. Zur Rolle des Beraters sagt er: „Er darf sich nur auf ein Ziel konzentrieren: Zu tiefem Verstehen und zur Akzeptierung der Einstellung zu gelangen, die der Klient in dem Augenblick bewusst einnimmt, indem er Schritt für Schritt in das gefährliche Gebiet eindringt, das er bislang seinem Bewusstsein gegenüber geleugnet hat.“ (a.a.O.) In der klientbezogenen Therapie findet der Klient im Therapeuten ein echtes Alterego, das ihm hilft, das wahrzunehmen, was mit dem Selbst nicht vereinbar oder eine Bedrohung wäre. „Klientbezogene Beratung kann, wenn sie wirkungsvoll werden soll, weder ein Trick sein noch ein Werkzeug. Sie ist keine subtile Art von Leitung des Klienten, bei der vorgegeben wird, dass man den Klienten selbst die Leitung überlässt. Um wirkungsvoll zu sein, muss sie echt sein.“ (Rogers a.a.O.)

Rogers war von einer großen Liebe zu den Menschen und zur Welt geprägt. Er engagierte sich für den Frieden von Irland bis Südafrika.

Joop lernte die Methode der Klientenzentrierten Gesprächsführung durch eine Kollegin, Ella Goubitz, kennen, als er nach seiner Rückkehr aus den USA im Büro für Gruppentherapie in Holland arbeitete. Ella hatte bei Rogers selbst studiert und Rogers war Ende der 50er Jahre der Stern am Himmel der psychotherapeutischen Gesprächsführung. Hier war endlich jemand, der ihm zeigte, wie man mit Klienten in Kontakt kommen kann. „Ich sog diese Ausbildung richtig in mich auf“, schreibt Joop. „Das war’s endlich. Ich konzentrierte mich jetzt ganz auf das, was der Klient sagte und auf seine unausgedrückten Gefühle. Dabei konnte ich ganz bequem vermeiden, meine eigenen Gedanken und Gefühle zu äußern. In dieser Zeit waren wir alle nur der Resonanzboden für die Klienten. Später ging Rogers selbst zu einer Form der Begegnung über, in der der Therapeut dem Klienten seine Gefühle und Gedanken vorlegt, aber niemals überstülpt. Ich erinnere mich noch gut, wie aufregend es war, das Gespräch in dieser Weise zu öffnen. Jetzt war Gesprächsführung für mich endlich konkret. Großer Dank an Ella und an Carl Rogers. In meiner späteren therapeutischen Arbeit habe ich dieses Prinzip beibehalten. Ich lege meine Ideen dem Klienten vor, aber ich stülpe sie ihm nie über.“

Therapie in Aktion

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