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Body Architecture (Darstellung mittels des Körpers)
Оглавление„Hinter deinen Gedanken und Gefühlen, mein Bruder, steht ein mächtiger Gebieter, ein unbekannter Weiser - der heißt Selbst. In deinem Leibe wohnt er, dein Leib ist er.“
Friedrich Nietzsche, „Also sprach Zaratustra“
Das obige Zitat lädt uns zu zwei Anmerkungen ein. Einmal betont hier Nietzche die Weisheit des Leibes und zum Anderen macht er auf eine sprachliche Feinheit aufmerksam: die Unterscheidung zwischen Leib und Körper. Im deutschen Sprachraum benutzen wir umgangssprachlich meistens den Begriff Körper. In der Gestalttherapie unterscheiden wir den Begriff Leib im Sinne des beseelten oder zuständlichen Daseinsmodus vom Begriff Körper als gegenständlichen Daseinsmodus. Diese Unterscheidung gibt es im angloamerikanischen Sprachbereich nicht. Da sich aber der folgende Text zu einem großen Teil auf englische Quellen Krops stützt, möge der Leser hier „Body“ und „Körper“ immer im Sinne von „Leib“ verstehen (Zur Vertiefung dieses Themas: F.-M. Staemmler 2003)
Body Architecture bzw. Body Sculpting ist eine von John P. Krop entwickelte spezielle Form, den Körper als Metapher in der Begleitung von Menschen einzusetzen. Zunächst stellen wir die Verwendung dieses Ansatzes in der Einzeltherapie vor. In einem späteren Kapitel wird dargestellt, wie besonders effektiv diese Technik in der Paartherapie ist.
1. | Was ist Body Architecture / Body Sculpting? |
Mit Body Architecture (Körperdarstellen) wird der ganze psychotherapeutische Prozess bezeichnet: zunächst das Problem oder Anliegen zu benennen, dann das Problem/Anliegen als eine Skulptur bzw. Statue aufzubauen (Sculpting), diese zu besprechen, zu verändern und der ganze ,Tanz‘, der sich aus solch einer Initialskulptur entwickeln kann. Wenn man Body Architecture als einen Film betrachtet, ist Body Sculpting (Körpermodellieren) nur ein Einzelbild in diesem Film.
2. | Warum Body Architecture? |
Wenn wir nur sitzen und reden, können wir eher vermeiden, eine Position zu vertreten. Wenn wir aufstehen, wird es schwieriger, keine Stellung zu beziehen. Die Körpersprache ist nicht zu leugnen und macht das Erkennen und den Ausdruck von Gefühlen und Impulsen prägnanter, als die verbale Sprache es vermag. Was aber noch wichtiger für Veränderungsprozesse ist: Bei den meisten Menschen wirken Interventionen, die auch den Körper mit einbeziehen, viel stärker als die nur verbalen. Das Tun greift tiefer und wirkt ganzheitlicher als das bloße Reden. Gabriel Marcel: „Das Wohlgefühl, die Ruhe sind sprachlos; Liebenden versagt die Sprache; Worte sind für die eigentliche Verfassung der Existenz stets unzureichend.“ (zit. in F.-M. Staemmler, S. 43)
Neuere Theorien (Bandler & Grinder, „The Structure of Magic II; dt. „Kommunikation und Veränderung: Die Struktur der Magie II“) weisen auf, dass wir auf bestimmte bevorzugte Weise die Welt um uns erfahren und verarbeiten. Einige Menschen nehmen die Umwelt bevorzugt über ihre Ohren (auditiv), andere über ihre Augen (visuell) und wieder andere über ihren ganzen Körper (kinästhetisch) wahr. Wir erreichen den Anderen am besten, wenn wir von dessen bevorzugter Weise, die Welt wahrzunehmen, Gebrauch machen. Body Architecture spricht sowohl kinästhetische als auch visuelle Vorlieben an. Und wir können auch miteinander reden und einander zuhören.
3. | Diagnostische und therapeutische Anwendung |
Body Architecture kann als diagnostisches Instrument angewandt werden: Der Therapeut/Berater bittet seinen Klienten, eine Körperhaltung einzunehmen, die sein Problem/Anliegen darstellt. So bekommen Klient und Therapeut einen klareren und umfassenderen Eindruck - ein Bild, eine Metapher - vom Thema. Das geht über die mehr rationale Verbalisierung hinaus. Sie finden etwas heraus.
Im nächsten Schritt wird Body Architecture dann zum therapeutischen Werkzeug: Wenn z.B. ein Paar mit dem, was die Skulptur ihnen über ihre Beziehung mitteilt, unzufrieden ist, kann der Therapeut beide bitten, sie so zu verändern, dass etwas Angenehmeres dargestellt wird. Sie verändern. Die Veränderungen, durch die sie sich von der alten Form in eine neue, wünschenswertere Form bewegen, machen erlebbar, was in Gang kommen muss, um diese neue Situation zu erreichen.
4. | Didaktische Anwendung |
Die dargestellten Methoden sind auch im Lehrbereich anwendbar. In einem Paar-Workshop kann der Leiter ein Paar bitten, die in diesem Artikel beschriebenen Positionen einzunehmen, um dann den Prozess zu verfolgen, den die beiden miteinander aushandeln.
Man könnte auch in einem allgemeinen Workshop zum Thema Kommunikation einzelne Teilnehmer bitten, diese Übungen zu machen, damit sie gewahr werden, wie sie tendenziell Kontakt aufnehmen, sich durchsetzen, etwas in Bewegung bringen usw. Body Architecture ist nicht auf die Arbeit mit Problemen begrenzt. Sie kann auch dem Bewusstmachen offensichtlich eingespielter Mustern dienen. Fordern Sie z. B. in einer Gruppe die Teilnehmer auf, eine Faust zu machen und schauen sich dann die vielen dargestellten Möglichkeiten an. Könnten da verschiedene Möglichkeiten des Umgangs mit Aggression sichtbar und erlebbar werden?
Jeweils etwas abgewandelt kann Body Architecture sowohl im sozialtherapeutischen (z.B. in der Paartherapie und Supervision) als auch im tiefenpsychologischen Bereich in der Einzel- und Gruppentherapie angewandt werden.
5. | Typen von Body Architecture: |
Man kann zwei verschiedene Arten der Körperdarstellung unterscheiden: a) aus dem Klienten heraus entstandene oder b) vom Therapeuten vorgeschlagene/kreierte.
a) Der Therapeut bittet den Klienten, sich auf einen für ihn angenehmen Platz im Raum mit einer solchen Haltung, Mimik und Geste zu stellen, wie es in etwa seinem Thema entspricht. Evtl. kann der Therapeut sich selbst zuerst als ,Material‘ zum Modellieren zur Verfügung stellen.
b) Im Therapeuten taucht ein Bild auf, welches das Thema des Klienten repräsentieren könnte. Dann kann er dieses Bild seinem Klienten mitteilen und ihn fragen, ob er ausprobieren möchte, ob dieses Bild mit seinem Thema übereinstimmen könnte, und ob er es so körperlich darstellen möchte.
6. | Zusammenfassung: |
Virginia Satir, John Krops langjährige Lehrerin, Supervisorin und Mentorin, beschreibt in ihrem Buch „Peoplemaking“ (dt. Titel „Selbstwert und Kommunikation“) verschiedene Körperhaltungen, die spezielle Verhaltensmuster ausdrücken: der Ankläger (mit ausgestrecktem Arm zielend), der Beschwichtiger (flehend auf den Knien), der Rationalisierer (steif, nur im Kopf aktiv), der Ablenker (ungeordnet und zugleich in alle Richtungen agierend).
Bioenergetik-Therapeuten richten ihre Aufmerksamkeit auf gewisse Farbwechsel, Versteifungen, Vibrationen, Körperhaltungen, Stimmfärbungen, Energiefluss und Atmung und ziehen daraus Folgerungen, was diese Beobachtungen ihnen über die Gefühle und die Verfassung der Person vor ihnen sagen.
Im Psychodrama werden z. B. traumatische Szenen im Leben eines Menschen dargestellt, so dass der Protagonist realisieren kann, was damals genau stattgefunden haben kann. Das Darstellen liefert eine viel stärkere Erfahrung als eine bloße Beschreibung.
Al Pesso beachtet in der Psychomotorischen Therapie Bewegungen, Gestik und andere Körperausdrücke und sieht sie als Ausdruck von Gefühlen, die eine interaktionale Antwort erwarten.
Gestalttherapeuten bitten die Leute u.a., ihre Gesten zu verstärken, um sich ihrer unausgedrückten Gefühle gewahr zu werden, fordern auf, zu Teilen ihres Körpers zu werden und ihnen eine Stimme zu geben.
All diese therapeutischen Ansätze stützen sich auf die Grundannahme der Humanistischen Psychologie, dass Körper, Geist und Seele eine Einheit bilden. Alle drei Ebenen sind nicht voneinander zu trennen, jede wirkt auf die anderen ein. Daraus folgert, dass wir über jede dieser drei Ebenen Zugang zum ganzen Menschen bekommen können. Wir, als Therapeuten, können unseren Klienten helfen, sich ihrer Körperhaltungen und Gesten bewusster zu werden, damit prägnanter wird, was offensichtlich in ihnen vorgeht und noch mehr gelebt werden will.
Aus den langjährigen Erfahrungen mit verschiedensten ganzheitlichen Therapieformen heraus, die den psychodynamischen Zugang zum Klienten u.a. auch über den Körper suchten, entwickelte John Krop mit Body Architecture seine spezielle Form der Körperarbeit in der Begleitung von Menschen.