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4. Der Alltag in den Städten des römischen Reiches

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Paulus redet relativ häufig von seinen eigenen Lebensbedingungen. Er muss hart arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er ist vor allem auf seinen endlosen Fußmärschen durch die Weiten der nördlichen Mittelmeerländer Gefahren ausgesetzt (4,12; 16,5–9). Er ist zudem andauernd in politischer Gefahr. Als Fremder braucht er Schutz in den Städten. Römische Behörden in den Städten und z.T. auch die Bevölkerung sind schnell bereit, Verkünder eines Gottesfriedens, der sich von dem Frieden der pax romana grundlegend unterscheidet, zu verfolgen, verprügeln, zu verhaften und mit dem Tod zu bedrohen (4,11–13).

Die Lebensbedingungen der Mehrheitsbevölkerung in den Städten werden in vielen Einzelheiten dieses Briefes erstaunlich deutlich. Paulus redet von Armut und von mangelnder Bildung (1,26–31). Er kritisiert die Rhetorik der öffentlichen Veranstaltungen (2,1–5) und wohl auch die Prügel für Kinder in den Schulen (4,21). Er spricht sachkundig über Architektur (3,9–17), über Gerichtsbarkeit und über die Vielsprachigkeit der Städte und ihre Probleme (14). Viele Aspekte des antiken Stadtlebens lassen sich in diesem Brief entdecken. Erschütternd ist dabei die Präsenz der Gewalt im Alltag, vor allem der Gewalt in den Massenveranstaltungen (4,9–13) und im Umgang mit Sklavinnen und Sklaven (7,21–24).

Dieser Brief ist geschrieben, um Geschwistern Mut zu machen – durch Toraauslegung, die auf diesen Alltag bezogen ist, und durch den Lobpreis des Gottes Israels. Die ersten Kapitel des Briefes zeigen, wie mühselig es für die Gemeinde ist, sich aus den eigenen Mittäterschaften und Verwicklungen herauszuarbeiten, aus Konkurrenzverhalten, gewohnter Unterordnung unter vielfältige Herrschaften und der Normalität von Gewalt in den sexuellen Beziehungen. Selbst beim Abendmahl versuchen noch einige ihre gewohnten Privilegien auszuleben. Die Gratwanderung zwischen den öffentlichen Kulten der Stadt, die Kapitel 8 und 10 deutlich machen, ist beeindruckend. Ab Kapitel 12 redet Paulus dann weniger von den Schwierigkeiten im Alltag, sondern vor allem von den Reichtümern, mit denen Israels Gott die unterdrückten Völker in dieser Situation beschenkt hat. Sie sollen gewiss sein, dass Gott den Todesstrukturen ein Ende gesetzt hat, als er Jesus von den Toten erweckte. Sie können sich freuen an neuen Begabungen, an der Kompetenz, Tora auszulegen, der Fähigkeit Kranke zu heilen und öffentlich zu sprechen. Alles dieses sind Gaben, die Gottes Geist erweckt und wachsen lässt.

Der erste Brief an die Gemeinde in Korinth

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