Читать книгу Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12) - Madeleine Puljic - Страница 46
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SOL, Kepraunsystem
»Unsere Gäste auf der SOL? Was auch immer du ihretwegen unternehmen wolltest – tu es. Jetzt!«
Tess Qumisha nickte. Das war eine Anweisung, der sie nur zu gern nachkam. Und es war das erste Mal, dass sie ihre Befehlsgewalt über das Hantelraumschiff voll und ganz auskosten konnte. Früher hätte sie den Plan der Kommandantin vorstellen und haarklein belegen müssen, dass dabei wirklich keine Gefahr bestand. Als Hyperphysikerin hatte sie das Wissen, um ihn vorzubereiten – als Kommandantin das Recht, ihn umzusetzen.
Sie schwang in ihrem Sitz herum, bis sie direkten Blick auf A-Kuatonds Kampfroboter hatte, der als stumme und manchmal leider auch redselige Drohung die Zentrale der SOL unter Kontrolle hielt.
»Hey, Blechbüchse«, sagte sie. »Warum ist BARIL toll?«
»BARIL ist Gerechtigkeit«, begann der Roboter. »BARIL ist deine Stütze, wenn du steigst, und dein Netz, wenn du ...«
Qumisha fixierte das schwarze Augenband der zentrifaalähnlichen Maschine. »SENECA, jetzt!«
Der Roboter verstummte.
So viel konnte in einem winzigen Moment geschehen, wenn man gut vorbereitet war.
Zum Beispiel konnte SENECA Kontakt zu sämtlichen, ausnahmslos sämtlichen positronischen Geräten an Bord der SOL aufnehmen, inklusive aller Beiboote. Er konnte sie außer Betrieb setzen, nur für eine Tausendstelsekunde. Sich selbst eingeschlossen – etwas, das er Qumisha sicher noch lange Zeit vorhalten würde. Aber dieses Opfer war es wert.
In dieser Tausendstelsekunde, in der keine Positronik auf der SOL aktiv war, konnten auf mehreren Maschinendecks eine ganze Kette leicht modifizierter Paratrongeneratoren hochfahren. Alte Generatoren aus Zeiten vor der universumsweiten Erhöhung der Hyperimpedanz – ein Ballast, den man von Bord nie entfernt hatte, was sich nun als Segen erwies. Unter den neuen hyperphysikalischen Bedingungen waren diese Geräte nicht funktionsfähig. Sie brannten im Moment ihrer Aktivierung durch, in der entscheidenden Tausendstelsekunde. Sie quittierten den Dienst unter Protest mit einem Ausstoß hyperenergetischer Strahlung, die sich durch Resonanz zu einem Hyperenergieschwall aufschaukelte.
Dieser überlud in weitem Umkreis exakt jenes Frequenzband, das A-Kuatonds Roboter zur internen Kommunikation verwendeten und das Qumisha mit dem feinen Sensorium ihres hyperphysikalischen Labors vorab ermittelt hatte.
Was der elektromagnetische Impuls für klassische Lowtech war, war der Hyperschwall für höherwertige Technik. Es brauchte nur eine Tausendstelsekunde, um die internen Funkempfänger sämtlicher Zentrifaalroboter an Bord zu überladen und explodieren zu lassen wie ein Komarmband im Magnetresonanztomografen.
Und nach dieser Tausendstelsekunde konnten alle Positroniken wieder starten, als wäre nichts gewesen.
»Da bin ich wieder«, erklang SENECAS wohltuend warme Stimme und simulierte ein Gähnen. »Ist etwas passiert während meines Nickerchens?«
Statt zu antworten, wandte sich Tess Qumisha an die Beibootkontrolle. »Ihr habt es gehört – Perry braucht ein Taxi!«
*
Kaum war die Korvette wieder innerhalb der SOL, ging das Kombinationsraumschiff auch schon auf Überlicht.
Das entsprechende Manöver wurde von der Zentrale aus geleitet – ohne Anwesenheit der Kommandantin. Tess Qumisha wartete im Hangar, um den Flüchtling von der Ritterwelt in Empfang zu nehmen.
Entsetzen packte sie, als sie das Beiboot sah. Das Außenschott des Frachtraums der Korvette stand offen und war nur mit einem Energiefeld abgedichtet, das eine ungehinderte Sicht auf das Unglück im Innern zuließ. Rauchschwaden breiteten sich im Hangar der Korvette aus, jedoch nicht dicht genug, um das Gleiterwrack an der Rückwand zu verbergen. Rhodan musste, ohne abzubremsen, in den Frachtraum gerast sein.
Er hatte in den zurückliegenden Jahrtausenden die unwahrscheinlichsten Gefahren überlebt – aber eine solche Bruchlandung? War das überhaupt möglich?
Andererseits: Konnte ausgerechnet Perry Rhodan bei einem simplen Gleiterunfall ums Leben kommen? Leider sah der Gleiter alt aus, verfügte möglicherweise noch nicht mal über Prallfelder, die eine solche Kollision hätten abdämpfen können.
Qumisha ließ ein Antigravfeld projizieren, stieß sich vom Boden ab und erreichte den Unglücksort noch vor den ersten Medorobotern. Das abschottende Energiefeld öffnete sich. Die Lebenserhaltungsanlage der Korvette saugte den Qualm ab.
Unter normaler Bordschwerkraft lief Tess Qumisha die sieben Schritte zum Wrack und riss die ohnehin nur noch an einem Scharnier baumelnde Tür zum Fahrerhaus ab. Sie kletterte auf die Einstiegshilfe, sah hinein – und prustete los.
»Sehr amüsant«, erklang Rhodans gedämpfte Stimme irgendwo aus der Tiefe zwischen den Airbags, die ihn von allen Seiten fest umschlossen und zur Bewegungslosigkeit verdammten. »Wenn du genug gelacht hast, kannst du eine Nadel in diese Dinger stechen?«