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Gisela Temming hatte während der Abwesenheit ihres Mannes lange mit sich gerungen, ob sie Sohn und Schwiegertochter mit den Problemen konfrontieren sollte, die ihr von Stunde zu Stunde schwerer auf dem Gemüt lasteten. Dass Walter nicht nach Ulm gefahren war, wie er dies seit seinem Ausscheiden aus dem Betrieb sehr gerne tat, hatte sie als ernstes Zeichen für eine aufkommende Depression gedeutet. Natürlich würde er am liebsten seine Ängste verschweigen, aber nun sah es ganz danach aus, als ob sich ein ganzer Berg von Problemen vor ihm auftürmte. Vieles stand unausgesprochen im Raum. Aber sie kannte Walter lange genug, um zu spüren, wie sehr ihn das anonyme Schreiben und die darin enthaltene versteckte Drohung beschäftigten. Und außerdem war es nicht allein sein Problem.

Gisela hatte versucht, sich im parkähnlichen Garten mit der Pflege abgestorbener Stauden abzulenken, als die angegraute Haushälterin mit dem Mobilteil des Telefons auf sie zukam und ihr das Gerät überreichte: »Ihre Schwiegertochter«, erklärte sie und ging ins Haus zurück.

»Ja?«, meldete sich Gisela und setzte sich auf eine Holzbank.

»Stör ich?«, fragte Sylvia, die den seltsamen Tonfall sofort bemerkt hatte.

»Nein, das natürlich nicht. Ich bin nur gerade im Garten.« Sie senkte ihre Stimme und sah sich prüfend um. Doch da war weit und breit niemand, der sie belauschen konnte.

»Geht’s dir nicht gut?« Sylvia war über die kurze Unterbrechung besorgt.

»Doch, doch. Es ist … na ja, ich hab mir heut auch schon überlegt, dich anzurufen«, räumte Gisela ein.

»Zufall oder Gedankenübertragung.« Sylvia wusste, dass sie mit dieser Bemerkung das Interesse ihrer Schwiegermutter weckte.

»Natürlich Gedankenübertragung«, erwiderte sie fest davon überzeugt. »Aber sei’s, wie’s will.«

Sylvia wollte nicht weiter darauf eingehen. »Es tut mir leid, wenn ich dich störe«, sagte sie, »aber mich beschäftigt seit gestern etwas, das Sven allerdings für nicht so bedeutsam hält. Und um ehrlich zu sein, ich hab der Sache zuerst auch keine Bedeutung beigemessen. Aber dann hat Sven irgendwie seltsam reagiert.«

Gisela wurde hellhörig. Beinahe hätte sie spontan gesagt, dass es auch bei ihnen etwas Merkwürdiges gab, weshalb sie ihr mit einem Anruf beinahe zuvorgekommen wäre, doch dann hielt sie sich zurück. »Und um was geht es?«, fragte sie stattdessen – ein drohendes Unheil ahnend.

»Wir haben etwas Komisches in den Briefkasten gesteckt bekommen«, berichtete Sylvia. »Kennst du denn eine Barbara?«, wollte sie nach ihren Schilderungen wissen.

Gisela konnte ihre Aufregung nur mühsam unterdrücken. »Barbara?«, wiederholte sie tonlos. »Und da steht W-Punkt?«, hakte sie nach.

»Ja. Das ist nicht einfach so dahingeschrieben, da bin ich mir inzwischen sicher. Mit W-Punkt kann nur die Abkürzung für Walter gemeint sein.« Sylvia wartete vergeblich auf eine Reaktion und bohrte deshalb weiter: »Und Barbara? Der Name sagt dir wirklich nichts?«

»Was soll er mir denn sagen?« Giselas Stimme klang wenig überzeugend.

Sylvia zog es vor, nicht nachzuhaken, wollte aber trotzdem wissen: »Und was es mit diesem Schlüsselanhänger auf sich hat, kannst du dir auch nicht denken?«

»Keine Ahnung.« Wieder hatte ihre Antwort einen seltsamen Unterton. »Ich hab so ein Ding, wie du es schilderst, nie gesehen.« Sie zögerte mit ihrer Nachfrage: »Ist denn ein Schlüssel dran?«

»Nein, kein Schlüssel«, erwiderte Sylvia und gab sich mit dem kurzen Dialog zufrieden – zumindest vorläufig. Ihr kam jedoch das Verhalten ihrer Schwiegermutter seltsam vor, weshalb sie aussprach, was ihr auf dem Herzen lag: »Ich glaube, wir sollten uns dringend treffen. Auch wenn Sven gerade wenig Zeit hat – aber ich werde ihn dazu überreden.«

Gisela atmete hörbar: »Vielleicht hast du recht. Denn mir scheint es, dass es einiges zu bereden gäbe.«

»Ach«, staunte Schwiegertochter Sylvia. »Du siehst es also auch so?«

»Entschuldige, aber darüber möchte ich am Telefon nicht reden.«

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