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Die Dame war gewiss schon weit über 70, aber geistig rege und ihr Erscheinungsbild sehr gepflegt, das volle Haar blond, sicherlich gefärbt – und ihr Auftreten energisch. Nach der Verabschiedung der Besucher hatte sie den Chef beiseitegenommen und ihm fest in die Augen geschaut: »Sie werden mich nicht kennen, aber ich fühle mich noch immer eng mit der Firma verbunden. Mein Name ist Ursula Fuchs, und ich war als junge Frau schon Betriebsrätin und später sogar die Vorsitzende. Mit Ihrem Großvater war ich nicht immer auf einer Linie, wie Sie sich denken können. Wir konnten uns streiten bis aufs Blut, aber letztendlich haben wir immer einen Kompromiss gefunden«, sagte sie milde lächelnd.

»Das freut mich, wenn Ihnen das gelungen ist«, erwiderte Sven Temming leicht gereizt. Er wollte nicht immer auf seinen Vater oder den Großvater angesprochen werden, aber er wusste, dass ehemalige Mitarbeiter gerne in der Vergangenheit schwelgten und ein großes Befürfnis hatten, ihre gewiss inzwischen geschönten Erlebnisse zu schildern. Für heute hatte er aber genug.

»Junger Mann«, ließ die Dame nicht locker, »es ist damals viel über die Sache mit Siegfried gesprochen worden, dem Bruder Ihres Vaters. Wir vom Betriebsrat fanden das nicht in Ordnung, wie die Nachfolge geregelt wurde.«

Sven Temming ahnte, worauf sie hinauswollte. »Bedenken Sie aber bitte, ich war damals, als es passiert ist, noch gar nicht auf der Welt. Das war 1968 – und ich bin 1975 geboren.«

»Das weiß ich doch«, unterbrach sie ihn schnell. »Ich rede auch von 1987, als Ihr Herr Vater auf den Chefsessel gestiegen ist. Deshalb hätte ich mich heute gern einmal mit ihm in Ruhe darüber unterhalten.«

Temming wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und sah sich um. Der Konferenzraum hatte sich längst geleert, und es wurde höchste Zeit, zum Tagesgeschäft überzugehen.

»Geht’s Ihnen denn nicht gut?«, hörte er, kurz in Gedanken versunken, die Stimme dieser penetranten Frau.

»Doch, doch, doch«, beeilte er sich zu sagen. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, wenn Sie mit meinem Vater Vergangenheitsbewältigung betreiben wollen, dann rufen Sie ihn doch bitte an und vereinbaren einen Termin mit ihm.« Er lächelte verlegen. »Vielleicht freut er sich ja tatsächlich, mit Ihnen zu reden.«

Sie sah ihn von der Seite kritisch an. »Da bin ich mir nicht mal so sicher.«

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