Читать книгу Psych. Anpassungsreaktionen von Kindern und Jugendlichen bei chronischen körperlichen Erkrankungen - Manfred Vogt - Страница 35
1.4.4Folgen für die Familien betroffener Patienten
ОглавлениеDie Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung bedeutet auch für die Familie eine massive Belastung. Eltern von Überlebenden einer akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL) leiden häufiger an Symptomen posttraumatischen Stresses (Kazak et al. 1997). Mütter berichten zudem häufiger von Depressionen und Ängstlichkeit. Im Vergleich zu Müttern gesunder Kinder besteht eine Tendenz zu erhöhtem Stress (Neu et al. 2014).
Etwa ein Drittel der Mütter, deren Kind an einer angeborenen Herzerkrankung leidet, hat Probleme mit der Anpassung an die neue Lebenssituation und berichtet von diversen Symptomen psychischer Belastung (Davis et al. 1998). Bei beiden Elternteilen liegen Stress und Hoffnungslosigkeit teilweise im Bereich psychiatrisch Erkrankter, und auch im Vergleich zu Eltern anderweitig chronisch erkrankter Kinder sind diese Werte übermäßig hoch (Lawoko a. Soares 2002). Problematisch ist zudem, dass etwa 40 % der Kinder trotz eines chirurgisch behobenen Herzfehlers dauerhaft auf Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags angewiesen sind (Majnemer et al. 2009), weshalb Eltern dieser Belastung dann langfristig ausgesetzt sind.
Auch Eltern nierenkranker Kinder berichten häufiger von Stress als Eltern gesunder Kinder (Holroyd a. Guthrie 1986). Die familiäre Belastung ist auch hier abhängig vom Grad der Erkrankung und von der entsprechenden Therapie. Familien mit einem schwer erkrankten Kind berichten am meisten von ausgeprägten Beeinträchtigungen, da die Planung des Alltags, Pflegemaßnahmen, Partizipationsmöglichkeiten, Ernährungsvorschriften und regulierte Trinkmengen große Schwierigkeiten bereiten. Weiterhin wird hier am häufigsten von Auswirkungen auf die elterliche Ehe, die finanzielle Situation und den subjektiven Stress des Kindes berichtet. Die Erkrankung kann zudem einen erheblichen Einfluss auf die geschwisterliche Beziehung nehmen: Eltern gaben an, sie würden dem erkrankten Kind gegenüber weniger fordernd und eher nachsichtig sein. Die Geschwisterkinder wurden als fürsorglicher und nachgiebiger beschrieben (Reynolds et al. 1988).