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I. Konsolidierung: Wiederherstellung der Rechtseinheit (1950–1964)
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Mit dem Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 12. September 1950 (VereinhG)[5] stellte der Bundesgesetzgeber zum einen die Rechtseinheit auf dem Gebiet der neu gegründeten Bundesrepublik wieder her und konzentrierte zum anderen das Strafverfahrens- und zugehörige Gerichtsverfassungsrecht wieder vollständig in StPO und GVG, indem zahlreiche außerhalb dieser Gesetze stehende Vorschriften der Weimarer Zeit und des Nationalsozialismus aufgehoben wurden. GVG, ZPO und StPO wurden zugleich erstmals seit der Emminger-Reform 1924 neu bekannt gemacht. Das Ziel des Gesetzgebers war restaurativ; dem durchaus erkannten Reformbedarf, etwa der Einführung einer zweiten Tatsacheninstanz für Schwerkriminalität, sollte später Rechnung getragen werden. Wiederhergestellt wurde im Wesentlichen der Rechtszustand vor 1933, wobei Regelungen aus der NS-Zeit, die auf frühere Vorarbeiten zurückgingen und sich bewährt hatten, beibehalten wurden wie z.B. §§ 206a, 251 StPO. Wiedereingeführt wurden das 1942 abgeschaffte Eröffnungsverfahren sowie die gerichtliche Voruntersuchung. Zu den wenigen Neuerungen gehört u.a. der auf die Missbräuche in der NS-Zeit reagierende § 136a StPO, die neuen §§ 81a bis 81c StPO über körperliche Untersuchungen, die Integration des beschleunigten Verfahrens in die StPO (§§ 212 bis 212b), der Numerus clausus der Ablehnungsgründe in § 244 StPO des dadurch gestärkten Beweisantragsrechts in der Hauptverhandlung in allen Verfahren[6] sowie das amtsrichterliche Strafverfügungsverfahren (§ 413 StPO a.F.), das das polizeiliche ersetzt. Das in Art. 96 Abs. 1 GG a.F. vorgesehene obere Bundesgericht erhielt die Bezeichnung „Bundesgerichtshof“ mit Sitz[7] in Karlsruhe (§ 123 GVG). Neu geschaffen wurde die Pflicht der Oberlandesgerichte zur Divergenzvorlage in Strafsachen (§ 121 Abs. 2 GVG).
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Die als erforderlich erachtete umfassende Reform des Strafprozessrechts sollte der Reform des StGB nachfolgen, für die 1954 die Große Strafrechtskommission eingerichtet wurde. Da sich die Strafrechtsreform viel länger hinzog als erwartet, begannen 1959 Vorarbeiten für ein Vorschaltgesetz zur Strafprozessreform, das in der 3. und 4. Legislaturperiode im Bundestag intensiv beraten,[8] aber erst Ende 1964 verabschiedet werden sollte.[9]
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Bis Ende 1964 erfolgten nur wenige Änderungen, die aber zum Teil bis heute Bestand haben. So schuf das 1. StrÄndG vom 30. August 1951,[10] das das Staatsschutzstrafrecht reformierte, mit der Staatsschutzkammer des § 74a GVG die erste Spezialkammer beim LG und den Ermittlungsrichter beim BGH (damals § 168a StPO); eingefügt wurde ferner die Einstellungsmöglichkeit bei möglichem Absehen von Strafe (damals § 153a, heute § 153b StPO). Das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 schafft die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, § 111a StPO.[11] Das 3. StrÄndG vom 4. August 1953[12] führt zur Entlastung des BGH das erweiterte Schöffengericht wieder ein, § 29 Abs. 2 GVG, schreibt nun in § 35a StPO eine Rechtsbehelfsbelehrung bei befristeten Rechtsmitteln vor, erweitert die Zeugnisverweigerungsrechte der Berufsträger in §§ 53, 53a, 97 StPO und präzisiert die Regelung des Klageerzwingungsverfahrens. Eingeführt wird auch in einem neuen § 467 Abs. 2 S. 2 StPO die kostenmäßige Unterscheidung zwischen Freisprüchen wegen erwiesener Unschuld und mangels Beweises, womit auch rechtlich ein „Freispruch zweiter Klasse“ entsteht. Der heutige § 153d StPO wurde durch das 4. StrÄndG[13] eingefügt. Die bisher in §§ 2 bis 9 GVG rudimentär geregelte Amtsstellung der Richter wurde, wie es Art. 98 Abs. 1 GG verlangt, in einem eigenen Bundesgesetz, dem Deutschen Richtergesetz vom 8. September 1961,[14] eingehend reglementiert. Von Bedeutung sind ferner das neue Jugendgerichtsgesetz von 1953 sowie die mit der VwGO von 1960 für die Anfechtung von Justizverwaltungsakten eingefügten §§ 23 bis 30 EGGVG, die als Übergangsregeln gedacht waren, sich aber bis heute erhalten haben. In der Zeit von 1953 bis 1960 wurden zudem die Justizverwaltungsanordnungen von den Ländern vereinheitlicht, so vor allem namentlich die Richtlinien für das Strafverfahren, die Strafvollstreckungsordnung und die Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen.[15]