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Der stille Augenblick des Siegers
ОглавлениеWir haben seine nassen Augen gesehen. Eine stille Träne, in der alles drin war: die Angst von damals, dass er sein kaputtes Bein verlieren könnte. Die Schmerzen und die eiserne Disziplin auf dem langen Weg zurück. Die Zweifel und die depressiven Gedanken, dass es vielleicht nie mehr so sein wird wie früher. Warum nicht alles hinwerfen? Nein, weitermachen. Kämpfen.
All das war drin in dieser stummen Träne von Hermann Maier. Die Summe daraus ist Glück, pures Glück. Der schönste Augenblick des Lebens vielleicht. Der Maier hat schon alles gehabt. War im Olymp und hat alle anderen und alles hinter sich gelassen. Siegen war Routine. Das ist doch kein Mensch mehr, das ist eine Siegermaschine, sagten die Leute.
Alles bisher Dagewesene übertroffen mit diesem Sieg gestern in Kitzbühel. Kitsch und Rührung überfallen einen als Zuschauer, wie ein Spruch aus dem Poesiealbum: Sich selbst bekriegen ist der schwerste Krieg, sich selbst besiegen ist der schönste Sieg.
Und wie still und leise so ein Sieg sein kann, sah man gestern. Demut und Dankbarkeit statt Gebrüll und Überschwang. Wie ein kleines Kind sah der Riese einen Moment lang aus.
Jetzt können wieder Siege in Serie kommen. Das ist sicher drin. Aber nie mehr wird dieses Gefühl zu stoppen sein: Ich habe es geschafft, mit dem kaputten Haxen. Es hat sich ausgezahlt, nicht aufzugeben. Es hat sich gelohnt, durch die allerdunkelsten Stunden zu gehen.
Kann noch jemals irgendwas Schöneres kommen im Maier-Leben? Aber sicher. Irgendwann, wenn eine kleine Maierin oder kleiner Maier den ersten Schrei tut. Dann wird er vielleicht wieder nasse Augen haben vor Glück. Und sagen: Das war der schönste Augenblick meines Lebens. Schöner noch als damals in Kitzbühel das Comeback am 27. Jänner 2003.
28. Jänner 2003