Читать книгу Mitten ins Herz - Marga Swoboda - Страница 33
Trotz allem ein Held
ОглавлениеIm tiefen Schock, beim ersten Interview nach der Tragödie von Schönbrunn, passierte dem stellvertretenden Direktor ein Versprecher, den er selber gleich korrigierte: Er sprach vom »Tatort« Jaguar-Gehege. Nein, Tatort darf man nicht sagen, sagte er.
Mörder hinterlassen einen Tatort. Aber nur Menschen können Mörder sein. Ein Tier ist niemals ein Mörder. Ein Tier ist niemals schuldig.
Die Jaguare haben nur getan, was in ihrer Natur ist, sagte ein Zoologe. Ihr Revier verteidigt. Die Jaguare konnten nicht anders.
Wenn Menschen grausame Verbrechen begehen, nennt man sie manchmal Bestien. Aber die einzige Bestie, die es gibt, ist vermutlich der Mensch. Der grausame Tod der Pflegerin, die die Tiere so liebte, war kein Mord. Ein schreckliches Unglück.
Die Tränen müssen einem kommen, wenn man an das Opfer denkt und an die Menschen, die das Opfer hinterlässt.
Aber Wut, nein, Wut kann man nicht empfinden. Wut, das ist ein Gefühl, das man kriegt, wenn irgendwo ein Raser einen Menschen umbringt. Wenn ein Mensch ausrastet und zum Mörder wird. Jeden Tag passiert es. Als Einzelfall und in Massen. So grausam, so unmenschlich, wie Menschen sein können, kann ein Tier niemals sein.
An den Zoodirektor Pechlaner muss man jetzt auch denken. Er hat noch sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt, um ein Leben zu retten. Er hat vielleicht verhindert, dass noch mehr Opfer zu beklagen sind.
Es geht ihm, vor allem psychisch, furchtbar schlecht, hieß es gestern. Er fühle sich verantwortlich für den Tod seiner jungen Kollegin. Dabei ist er, mitten in dieser traurigen Geschichte, ein Held. Auch wenn ihm das Wunder der Rettung leider nicht gelungen ist.
7. März 2002