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Eine Viertelstunde später stand Marie vor der Haustür ihrer Eltern. Sie wusste kaum, wie sie es hierher geschafft hatte, so verzweifelt war sie. Wahrscheinlich hatte ihr Rad den Weg alleine gefunden. Auf jeden Fall stand sie bei ihren Eltern vor der Tür und weinte wie ein kleines Kind. Ihre Mutter öffnete die Tür. Selbst im Nachthemd, unfrisiert und nicht geschminkt sah sie wunderschön aus. Wortlos schloss Gabriele sie in die Arme und zog die Tür wieder zu. Einen Moment blieben die beiden im Eingang stehen. Marie schluchzte so heftig, dass ihr ganzer Körper zitterte. Auch Gabriele flossen Tränen über die Wangen. Sie löste die Umarmung und musterte Marie mit ängstlicher Erwartung. „Du warst auf dem Hof?“

Marie nickte unter Tränen.

„Wer …?“ Gabriele sprach nicht weiter, sondern starrte Marie nur abwartend an.

Marie zog ein Taschentuch aus ihrer Hose und schnäuzte ihre Nase. „Max ist gestorben.“ Ein neuer Weinanfall schüttelte sie.

Gabriele schob Marie vor sich her in die Küche und drückte sie auf die Eckbank, dann ging sie wortlos an den Herd und setzte einen Topf Teewasser auf.

Als Gabriele die dampfende Tasse vor Marie abstellte, kam Werner herein. Er warf Marie einen Blick zu und erschrak. „Etwas Schlimmes?“, fragte er besorgt.

Gabriele umarmte ihn flüchtig, bevor sie antwortete. „Max ist gestorben.“

Seufzend ließ Werner sich neben Marie auf die Bank fallen und legte einen Arm um ihre Schultern. „Das tut mir leid. Wann ist es passiert?“

„Heute Nacht“, schniefte Marie. „Georg hat den ganzen Nachmittag versucht mich anzurufen. Aber ich war nicht da.“

Gabriele zog die Augenbrauen hoch. „Du meinst, Max ging es seit gestern schlecht? Und sie haben keinen Arzt gerufen?“

Marie zuckte mit den Schultern. „Glaub schon. Georg hat gesagt, Max wollte keinen Arzt. Nur mich.“ Wieder fing sie an zu schluchzen.

Werner sah Marie mitleidig an. „Und jetzt hast du ein schlechtes Gewissen, weil du nicht rechtzeitig gekommen bist?“

Marie nickte und wischte sich mit einem Taschentuch übers Gesicht. „Sie haben mich gebraucht, und ich war nicht da.“

Gabriele griff über den Tisch nach Maries Hand. „Marie, hör zu. Max war krank. Er wäre auch gestorben, wenn du bei ihm gewesen wärst. Hörst du?“ Ihre Mutter schaute sie eindringlich an.

Werner drückte Maries Schulter. „Mama hat recht. Sie haben keinen Arzt gerufen. Das ist ihre Entscheidung. Und zwar ganz allein ihre Entscheidung. Damit hast du nichts zu tun.“

Gabriele nickte. „Du warst nicht erreichbar, das war Schicksal.“ Jetzt fasste sie Marie an beiden Händen und schaute ihr in die Augen. „Aber jetzt bist du da. Georg braucht dich immer noch. Warum gehst du nicht zurück zum Hof?“

Diese Frage brachte Marie endgültig aus der Fassung. Weinend erzählte sie ihren Eltern, was sonst noch passiert war. Sie ließ nichts aus. Berichtete von den Treffen mit ihren Internetbekanntschaften. Von Georgs seltsam wütendem Verhalten vorgestern und von ihrer Versöhnung, die ja nun geplatzt war. Sie erzählte auch, wie sie Marc kennengelernt und dass sie gestern ihr Handy zu Hause vergessen hatte.

„Und jetzt ist Georg wieder sauer?“, fragte Gabriele. Marie zog unglücklich die Nase hoch. „Und wie. Er hat mich angeschaut, als würde er mich töten wollen. Ich hätt’ ihn und seine Eltern im Stich gelassen, hat er gesagt. Und dass er auf so eine Freundin lieber verzichtet.“ Mutlos ließ Marie ihren Kopf auf den Tisch sinken. „Ich kann ihm nie wieder unter die Augen treten. Ich hab alles falsch gemacht.“

Ihre Mutter streichelte ihr über die Haare, bis Maries Schluchzen leiser wurde. Dann füllte Gabriele ihren Teebecher auf. „Trink einen Schluck. Das wird dir guttun.“

Marie nahm einen kleinen Schluck und hielt sich an dem heißen Becher fest, als würde sie an ihm Halt finden. Ihre Augen waren geschwollen, und sie starrte eine Weile ins Leere. Sie hatte aufgehört zu weinen, aber ihre Stimme klang brüchig. „Ich weiß nicht, was ich tun soll. Georg hasst mich.“

„Nein“, sagte Werner, „er hasst dich nicht. Ganz im Gegenteil.“

Marie lockerte den Griff um die Tasse. „Wie meinst du das?“

„Ich meine es, wie ich es sage. Georg ist dein bester Freund. Schon immer. Er hat seinen Stolz. Und fühlt sich jetzt verletzt.“

Jetzt mischte Gabriele sich ein. „Deshalb hat er so harsch reagiert. Weil er dich gernhat.“

Marie schüttelte den Kopf. „Ach was! Wenn er mich gernhätte, würde er nicht so mit mir reden.“ Trotzig schob sie nach: „Nur, weil ich mich mit einem anderen getroffen habe.“

Werner und Gabriele antworteten nicht.

„Stimmt doch“, beharrte Marie. „Georg war schon seit Tagen sauer, weil ich jemanden kennengelernt habe und er nicht. So benimmt sich doch kein Freund. Und dann auch noch diese Vorwürfe, weil ich mein Handy nicht dabeihatte. Als wäre ich schuld an Max’ Tod. Das ist total gemein!“ Fast hätte sie wieder angefangen zu weinen. Stattdessen wallte der Zorn, den sie herbeigeredet hatte, in ihr auf und begann Verzweiflung und Trauer zu verdrängen.

Gabriele betrachtete sie mit besorgter Miene. „Nein, Marie, so ist das nicht. Georg ist ein guter Mensch. Er hat seinen Vater verloren. Da hat er überreagiert. Das ist normal. Du darfst ihn nicht verurteilen.“

Marie runzelte die Stirn. „Das hab ich doch gar nicht. Ich wollte ihm helfen, eine Frau zu finden. Ich bin gekommen, als sein Vater im Hof zusammengebrochen ist. Und jetzt ist er plötzlich sauer auf mich.“

Werner wollte widersprechen, aber nun war Marie in Fahrt. „Was ist das überhaupt für eine Freundschaft? Ich soll immer da sein, wenn er mich braucht. Und wenn ich mal einen Fehler mache, will er nichts mehr mit mir zu tun haben. Von wegen stolz und verletzt. Wisst ihr was? Auf so einen Freund kann ich auch verzichten.“ Sie knallte den Becher auf den Tisch und stürmte aus der Küche.

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