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c) Steuerstrategie und wesentliche Zielprinzipien für die Steuerarbeit

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Die Steuerstrategie in einem Konzern sollte nach allgemeinem Verständnis grundsätzlich die Minimierung der steuerlichen Gesamtbelastung eines Konzerns im Verhältnis zum Ergebnis vor Steuern sein.

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Risse definiert unter Verweis auf Kessler als Ziel einer Tax Compliance aus Sicht eines steuerpflichtigen Unternehmens die relative Barwertminimierung an Steuern:

„Mit der relativen Steuerbarwertminimierung wird ausgedrückt, dass sich die Steuerbelastung eines Unternehmens nur mit Blick auf ein Ergebnis vor Steuern optimieren lassen muss. Dies geschieht entweder durch die relative Minimierung des Barwertes der Steuerbelastung oder durch geeignete Maßnahmen zur Erreichung einer relativen Maximierung des Barwertes der Steuerentlastungen innerhalb eines Unternehmens.

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Die einzelnen Elemente der Steuerplanung sind nach Kessler:

(1) Vermeidung spezifischer Steuermehrbelastungen durch – sofortige Verlustverrechnung, – Begrenzung von Erfassungsdifferenzen, – Sicherstellung der Abzugsfähigkeit von Aufwand, – Vermeidung von Mehrfacherfassungen bei Gewinnausschüttungen bzw. bei der Veräußerung von Tochtergesellschaften innerhalb einer Unternehmensgruppe; Vermeidung von nochmaliger Besteuerung von bereits steuerlich erfassten, d.h. versteuerten Gewinnen.
(2) Nutzung spezifischer Steuerminderbelastungen – Nutzung von Erfassungsdifferenzen (Imparitätsprinzip), – Nutzung von Steuergutschriften von Quellensteuern und ähnlichen Steuervorauszahlungen, – Allokation von Erträgen in steuergünstigen nationalen wie internationalen Steuerregimen.

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Tax Compliance bedeutet nach diesem Verständnis einer betriebswirtschaftlichen orientierten Auslegung die Ausnutzung von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Legalität.“[21]

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Allerdings muss man feststellen, dass sich diese an sich klare Steuerstrategie als Aufgabenstellung an eine Konzernsteuerabteilung in den letzten Jahren deutlich verändert hat und sich die Schwerpunkte der Aufgaben einer Konzernsteuerabteilung verschieben. Nach einer Studie der KPMG ergibt sich aus einer Umfrage unter 110 Unternehmen, dass heute die Vermeidung der steuerlichen Risiken das Handeln einer Steuerabteilung bestimmt.[22] So stehen heute die Erfüllung der steuerlichen Pflichten und die zutreffende Ermittlung der Steuerpositionen im Tax Accounting an oberster Stelle. Konzernsteuerquote und die Minimierung der Steuerzahlungen stehen heute bei den Zielvorgaben der Steuerabteilungen international tätiger Konzerne hinten an und werden häufig nur dann berücksichtigt, wenn negative Folgen für den Konzern ausgeschlossen werden können.

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Grund für diesen Wandel bei der Zielsetzung an der Arbeit einer Konzernsteuerabteilung ist die Veränderung der steuerlichen Rahmenbedingungen weltweit. An erster Stelle ist hier das BEPS-Projekt zu nennen. Im Zuge der Umsetzung der BEPS-Initiative in nationales Recht haben nicht nur der deutsche Gesetzgeber, sondern auch die Finanzverwaltungen zahlreicher anderer Staaten massive Verschärfungen an den gesetzlichen Grundlagen zur Verfolgung von Fehlverhalten bei der Einhaltung steuerrechtlicher Vorgaben vorgenommen und Maßnahmen zur Vermeidung aggressiver Steuerplanungen eingeführt. Das führt zu einer deutlichen Veränderung in den Beziehungen zwischen den steuerpflichtigen Konzernen und den Finanzverwaltungen weltweit. Dabei gehen die Staaten konzeptionell durchaus unterschiedliche Wege. Während einige Staaten die Lösung darin sehen, in formalen Prozessen in enger Zusammenarbeit mit den Konzernen mehr Steuertransparenz insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen zu schaffen (vgl. Abschnitt 1.3.2), setzen andere Staaten auf strenge strafrechtliche Sanktionen. In Deutschland z.B. werden bei fehlerhaften Steuererklärungen immer schneller strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet und auch die Rechtsprechung des BGH zeigt eine deutliche Verschärfung im Steuerstrafrecht.[23]

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Neben der Frage des Umgangs zwischen dem steuerpflichtigen Konzern und den verschiedenen Finanzverwaltungen rückt in den letzten Jahren verstärkt noch eine weitere Problematik mehr und mehr in den Vordergrund. War in der Vergangenheit die Steuerstrategie bzw. Steuerplanung der Konzerne weitestgehend eine Sache zwischen den lokalen Finanzverwaltungen und den Konzernen, so kommt heute der Wahrnehmung der Öffentlichkeit eine große Rolle zu. Die Öffentlichkeit, informiert über entsprechende Presseartikel (z.B. „Panama-Papers“[24], „Lux Leaks“[25]), hat hier eine noch ganz eigene Sicht der Dinge, die weniger der formalen steuerliche Betrachtung folgt, sondern vielmehr den „Gerechtigkeitssinn“ in den Vordergrund stellt. Gewinnverschiebungen zu Gunsten einer niedrigen Besteuerung werden dabei als „Drücken“ vor der sozialen Verantwortung gesehen. Für die Unternehmen ergibt sich daraus aus der Verantwortung gegenüber den Aktionären/Gesellschaftern einerseits und der sozialen Verantwortung anderseits die Schwierigkeit auszuloten, was nach der gültigen steuerlichen Rechtslage erlaubt bzw. möglich ist und dann auch umgesetzt werden kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, einen Reputationsschaden zu erleiden.

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Abgeleitet von diesen deutlich veränderten weltweiten Rahmenbedingungen und dem Willen, alle steuerlichen Verpflichtungen des Bertelsmann-Konzerns weltweit einzuhalten (Grundsatz der Tax Compliance), basiert die strategische Zielsetzung der Konzernsteuerpolitik bei Bertelsmann auf zwei Kernelementen:

Vermeidung steuerlicher/zoll- und strafrechtlicher Risiken für den Vorstand der Bertelsmann SE & Co. KGaA und die Organe der jeweiligen in- und ausländischen Konzerngesellschaften sowie die Vermeidung von Reputationsschäden für den Konzern;
Optimierung der Steuern unter unbedingter Einhaltung der geltenden Gesetze und Verlautbarungen der jeweiligen Finanzbehörden.

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Abb. 2:

Strategische Zielsetzung der Konzernsteuerpolitik des Bertelsmann-Konzerns


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Eine weitere Zielsetzung bei Bertelsmann ist die weltweite Transparenz über alle Steuerthemen. Der Konzern hat dabei den klaren Willen, in allen Bereichen und über alle Länder alle gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Das bedeutet jedoch nicht, dass jegliche Steuerplanungsaktivitäten zu vermeiden sind. Diese werden im Rahmen der normalen operativen Tätigkeit der Divisionen durchaus berücksichtigt, müssen sich allerdings uneingeschränkt im rechtlich zulässigen Rahmen bewegen und dürfen nur so gestaltet sein, dass sie keine sonstigen Risiken für den Konzern wie Reputationsrisiken auslösen. Komplexe, rein steuergetriebene Strukturen sind grundsätzlich nicht gewünscht und werden nicht als Zielaufgabe für die Steuerabteilung gesehen.

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