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a) Kernprozesse im Steuerbereich

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Die Geschäftsaktivitäten deutscher Konzerne mit internationaler Ausprägung zeichnen sich typischerweise durch eine Vielzahl ausländischer Tochtergesellschaften und Betriebsstätten sowie komplexe interne und externe Liefer- und Leistungsbeziehungen zu ausländischen Konzerneinheiten, Lieferanten oder Kunden aus. Für die Ausgestaltung eines geeigneten Tax Compliance-Systems sowie entsprechender Verantwortlichkeiten und Prozesse muss in einem international tätigen deutschen Konzern auf die steuerrechtlichen und steuerstrafrechtlichen Vorschriften aller Länder geachtet werden, in den geschäftliche Aktivitäten verfolgt werden. Ein Bezug ausschließlich auf die deutschen Regelungen zur Tax Compliance wäre mithin nicht ausreichend.[30] Wie zuvor beschrieben sind international verschiedene gesetzliche Rahmenbedingungen und Richtlinien-Konzepte zur Umsetzung eines Tax Compliance-Systems in Unternehmen gebräuchlich. In Deutschland hat der Steuerfachausschuss des IDW angeregt durch die Debatte zum Anwendungserlass zum § 153 AO den Praxishinweis I/2016 zur Ausgestaltung und Prüfung eines Tax Compliance Management Systems gem. IDW PS 980[31] herausgegeben. IDW PS 980 stellt einen Standard für freiwillige Compliance Management System-Prüfungen dar. Der Standard dient insbesondere deutschen Wirtschaftsprüfern für die Prüfung eines Compliance Management Systems, dient aber auch gleichzeitig deutschen Konzernen bei der praktischen Umsetzung eines funktionsfähigen und revisionssicheren Compliance Management Systems als Orientierung. Der IDW PS 980[32] führt die international anerkannten Compliance Management System-Ansätze auf, darunter u.a.:

OECD: Co-operative Tax Compliance: Building Better Tax Control Frameworks:[33]
allgemeine Grundsätze und Mindeststandards der Corporate Governance,
Australien Government: Tax Risk Management and Governance Review Guide,[34]
COSO II: international anerkanntes Modell zum konzernweiten Risikomanagement.

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Im Vergleich der international anerkannten Rahmenkonzepte ist eine weitestgehende inhaltliche Überschneidung und Bezugnahme aufeinander vorzufinden, so dass sich für die strategische Ablauforganisation eines deutschen Konzerns mit internationalen Geschäftsaktivitäten durchaus ein zentral definiertes Prozess- und Kontrollrahmenwerk vorgeben lässt, welches auch die Einbindung der in- und ausländischen Tochtergesellschaften berücksichtigt.

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In einem ersten Schritt ist durch die Konzernsteuerabteilung zunächst eine Definition der ausschlaggebenden steuerrelevanten Kernprozesse vorzunehmen, die Einfluss auf die Informationsflüsse, die steuerliche Würdigung der Unternehmensvorgänge, die Steuerung der Steuerlast und Steuerquote sowie das Risikomanagement im In- und Ausland haben. Ziel ist es einerseits, durch geeignete Prozessabläufe und Kontrollen sicherzustellen, dass Fehler vermieden bzw. entdeckt und entsprechend an die Verantwortlichen in der Steuerabteilung gemeldet werden, um darauf angemessen reagieren zu können. Andererseits sollen die definierten Kernprozesse auch die Optimierung des Steueraufkommens im Rahmen des rechtlich Zulässigen ermöglichen. Im Bertelsmann-Konzern gehören zu den konzernweit relevanten Steuerprozessen im Bereich der Konzernsteuerabteilung die folgenden Abläufe:

Strategic Tax Planning: Weltweite strategische Steuerplanung für den Konzern;
Tax Advise: Steuerliche Beratung der in- und ausländischen Tochtergesellschaften des Konzerns;
Tax Declaration:[35] Erstellung von Steuererklärungen und -anmeldungen bzw. Begleitung der damit beauftragten externen Steuerberater;
Group Tax Reporting: Steuerberechnung im Rahmen der Konzernabschlüsse nach IFRS/IAS 12 bzw. Begleitung der involvierten internen und externen Ressourcen (u.a. Rechnungswesen und externe Steuerberater); Steuerliches Berichtswesen für interne und externe Stakeholder bezogen auf die Steuerposition des Konzerns sowie bezogen auf die konzernweiten steuerlichen Risiken;
Tax IT: Betreuung der steuerlichen IT-Systeme;
Tax Audit and Defense: Betreuung der steuerlichen Betriebsprüfungen und laufenden Einspruchs- und Klageverfahren;
Indirect Tax: Umsatzsteuern und Zölle;
Transfer Pricing: Verrechnungspreise und Country by Country Reporting;
M&A Tax: Steuerliche Betreuung von M&A-Transaktionen und Reorganisationen im Konzern;
Withholding Tax: Quellensteuerüberwachung;
Payroll Tax: Lohnsteuerliche Betreuung der Konzerngesellschaften sowie Mitarbeiterentsendungen;
Tax Risk Management.

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Bei der Definition der steuerrelevanten Prozesse ist darauf zu achten, welche Unternehmensgröße, Branchenzugehörigkeit, Grad der Zentralität bzw. Dezentralität der Management-Strukturen und operativen Entscheidungsprozesse im Konzern jeweils vorliegt. Gleichwohl ist bei der Festlegung der Prozesse insbesondere aufgrund der Verschärfung der weltweiten steuerrechtlichen Anforderungen zu beachten, dass die globale Verantwortung für die steuerlichen Aktivitäten des Konzerns stets ein Thema des Konzernvorstands ist, welches im Rahmen der Delegation der steuerlichen Aufgaben damit in der Regel durch die Konzernsteuerabteilung selbst sicherzustellen ist.

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Die Steuerabteilung des Bertelsmann-Konzerns hat sich bei der Definition und Einrichtung der steuerlichen Kernabläufe in der Praxis daran orientiert, welche Aktivitätsfelder sie selbst über eigene Ressourcen und fachliches Personal oder an sie berichtende Steuerberater erfüllen wird und bei welchen Aktivitäten lediglich eine Überwachung vorgegebener Prozesse oder Vorgaben durch sie oder durch die Einbindung der internen Revision erfolgen soll.

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Nachfolgend wird beispielhaft an den Prozessen des Group Tax Reporting, Transfer Pricing sowie M&A Tax eine mögliche Umsetzung dieser Prozesse in der Praxis gegeben. Auch wenn die übrigen Steuerprozesse, insbesondere Indirect Taxes (Umsatzsteuer und Zölle), Strategic Tax Planning oder Tax Audit and Defense, eine hohe Bedeutung im Bertelsmann-Konzern besitzen, wird an dieser Stelle der Schwerpunkt auf den Prozessen gelegt, die in der Regel mit hohen organisatorischen Herausforderungen im Hinblick auf die Vielzahl der Konzerngesellschaften, der Schnittstellen sowie der IT-Systeme verbunden sind.

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