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dd) Parallelität der Verfahren

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Besteuerungsverfahren und Steuerstrafverfahren laufen parallel nebeneinander her. Trotz Einleitung eines Steuerstrafverfahrens darf eine Betriebsprüfung durchgeführt oder fortgesetzt werden.[18] Die steuerlichen Pflichten des Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren bestehen unverändert fort, können aber nach § 393 Abs. 1 S. 2 AO nicht mehr mit den Zwangsmitteln der AO (§§ 328 ff. AO) durchgesetzt werden.

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Strafrechtlich steht dem Verdächtigen aber das Grundrecht der Selbstbelastungsfreiheit zu. „Nemo tenetur se ipsu accusare“ bedeutet, dass sich niemand selbst wegen einer (Steuer-) Straftat belasten muss. Daraus folgt ein weitgehendes Mitwirkungsverweigerungsrecht, aus dessen Inanspruchnahme keine negativen Schlüsse gezogen werden dürfen. Verweigert der Verdächtige aber im Strafverfahren zulässigerweise, im Besteuerungsverfahren jedoch unzulässig seine Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts, kann diese Mitwirkungsverweigerung steuerlich zu einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO führen. Damit kann die Inanspruchnahme des Grundrechts der Selbstbelastungsfreiheit zu einem steuerlichen Nachteil führen, den aber die Rechtsordnung aus fiskalischen Gründen hinzunehmen scheint. Darüber ist der Verdächtige entsprechend zu belehren. Die doppelte Belehrung (steuerlich wie strafrechtlich) muss dem Beschuldigten bei Bekanntgabe des Strafverfahrens zuteil werden.

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Nach der Rechtsprechung des BFH mindert sich das erforderliche Beweismaß einer steuerlichen Schätzung umso mehr, je größer die Mitwirkungspflichtverletzung des Steuerpflichtigen ist.[19] Die Schätzung hat grundsätzlich das Ziel einer größtmöglichen Wahrscheinlichkeit ihrer Ergebnisse. Infolge der Mitwirkungspflichtverletzung tritt aber eine Beweismaßerleichterung ein und das Finanzamt kann auch Ergebnisse mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit schätzen. Das kann praktisch bedeuten, dass die Umsätze höher geschätzt werden können ohne Ansatz zusätzlichen Wareneinkaufs, wenn die höheren Umsätze auch ohne diesen zusätzlichen Wareneinkauf noch möglich gewesen wären. Das gilt selbst dann, wenn bei Ansatz von zusätzlichem (geschätztem) Wareneinkauf das Schätzungsergebnis (der Gewinn als Besteuerungsgrundlage) wahrscheinlicher wäre, infolge der durch die Mitwirkungspflichtverletzung eintretenden Beweiserleichterung aber die geringere Wahrscheinlichkeit ausreichend ist. Diese Beweismaßerleichterungen sind aber bei einer strafrechtlichen Schätzung unzulässig.

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