Читать книгу David Schrenker ist kein Selbstmörder! - Markus Mayer - Страница 17
Tagebucheintrag vom 26. Dezember 2009
ОглавлениеWeihnachten, das Fest der Familie, verstärkt meine Furcht davor, selbst bald Familienvater zu sein. Es war mir nicht klar, dass ein Mensch so viel Angst empfinden kann. Seit dem ersten Tag, an dem ich erfuhr, dass ich Vater werde, habe ich Angst. Seit ich weiß, dass wir einen Sohn erwarten, konkretisiert sich meine Furcht – als es noch „nur“ ein Baby war, wirkte sie in so weiter Ferne.
Wie halte ich ihn, ohne ihm wehzutun? Was, wenn ich ihn falsch berühre und irgendetwas verletze? Was, wenn er mir durch die Hände rutscht? Was, wenn ich krank bin und ihn anstecke? Was wenn er nicht aufhört zu schreien? Was, wenn er auf der Couch liegt und die Türklingel läutet, ich aufmache und irgendwas Schlimmes passiert ist, wenn ich zurückkehre? Was, wenn er bei uns im Bett schläft und ich ihn mit meinem Gewicht erdrücke. Was, wenn ich am Frühstückstisch sitze, er auf meinem Schoß sitzt und die Kaffeetasse über sich drüber kippt? Was, wenn er uns nie schlafen lässt und ich ihn deshalb zu hassen beginne? Wie schneiden wir seine winzigen Fingernägel, ohne ihn zu verletzen? Wie bade ich ihn, ohne ihn versehentlich ertrinken zu lassen. Wie ziehen wir ihn nicht zu warm und nicht zu kalt an? Woher soll ich wissen, was er essen darf und was nicht? Kann ich je mit ihm auf den Spielplatz gehen und ihn allein auf die Rutsche steigen lassen? Wird er früh laufen und reden oder so hinterher sein, dass schon früh der Gedanke in mir gedeiht, ein Trottelkind zu haben? Können wir ihn uns überhaupt leisten? Wird es keine Freunde im Kindergarten haben, nur weil wir ihm Second-Hand-Laden Klamotten kaufen müssen? Werde ich ihn überhaupt schimpfen können? Werde ich je nicht nachgeben können, wenn er etwas von mir möchte?
Ich weiß, vieles ist Routine, aber ich weiß auch, dass ich Fehler machen werde, vor allem am Anfang! Und ich habe Angst, dass mein Kind genauso verkorkst sein wird wie ich!
Kommentar von Pascal Schrenker
Ich kann dir kaum vorwerfen, dass du Angst vor solchen Dingen hattest. Jeder Mann hat wahrscheinlich Angst vor der Vaterschaft. Die wenigsten werden es zeigen und auch bei dir habe ich niemals Anzeichen von Ängstlichkeit beobachtet. Allerdings bin ich der Meinung, dass du aktiv nach Antworten auf deine Fragen hättest suchen können: Bekannte mit Kindern um Tipps bitten, Bücher kaufen, Lehrvideos anschauen, die Hebamme anrufen oder oder… Du hast das nicht gemacht, oder? Falls doch, habe ich davon zumindest nichts mitbekommen, nichts gehört, nicht von dir, nicht von Dritten. Und in diesem Tagebuch steht dazu auch kein Wort… Bereits zum Zeitpunkt dieses Eintrags, also schon zwei Monate vor Luis Geburt, hast du aufgegeben, bevor es überhaupt losging, die Flinte ins Korn geworfen.