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Tagebucheintrag vom 11. Januar 2010

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Heute habe ich eine Lebensversicherung abgeschlossen. Wenn mir etwas passiert, weiß ich, dass es meinem Sohn und Karina gut geht. Ich habe Karina nichts davon erzählt. Nicht weil es mir an Vertrauen mangelt, sondern da ich weiß, dass sie mir nicht so danken würde, wie ich es erwarte. Sie wäre eher geschockt und würde fragen, ob ich mich umbringen wolle und sagen: „Ich will gar nicht dran denken!“

Deshalb habe ich es verschwiegen. Sie wird es eh nicht merken, denn die 300 Euro werden nicht von unserem Gemeinschaftskonto abgehen, sondern von meinem eigenen. Ich werde es dagegen schon merken, denn viel bleibt dann jeden Monat nicht mehr übrig.

Nachdem ich bei der Versicherung fertig war, geisterte ich noch ein wenig in der Stadt umher. Karina dachte, ich sei beim Knoll, Playstation zocken. Sie erwartete mich erst spätabends zurück. Ich hatte keine Lust nach Hause zu kommen – sie ist zurzeit sehr reizbar. Wobei ich mich nicht beschweren kann! Man stelle sich nur mal vor, mit der Alten vom Knoll zusammen sein zu müssen… Der muss um Erlaubnis fragen, wenn er Playstation zocken will. Die dreht ihm ja fast den Kragen rum, wenn sie ihn mit dem Controller in der Hand erwischt: „Du bist kein kleines Kind mehr! Werd‘ erwachsen!“

Besonders scharf drauf, bei ihm zu Hause rumzuhängen, war ich also eh nicht, weshalb ich einfach so durch den Stadtpark schlenderte. Am Fluss genoss ich die letzten Züge des Altweibersommers. Sonnenschein, vereinzelte goldene Blätter an den Bäumen, milde 20 Grad und jungen Frauen, die ihre kurzen Röcken ein letztes Mal für dieses Jahr ausführten. Nach einer halben Stunde machte ich mich auf den Heimweg.

Noch bevor ich einen Fuß in die Wohnung setzte, roch ich den Gestank von Sandelholz und hörte den dumpfen Klang des Fernsehers. „Warum nimmst du denn die Meditations-Stäbchen, wenn du nicht mal meditierst?", ist eine Frage, die ich früher gestellt habe. Jetzt nicht mehr. Auch „Warum läuft der Fernseher eigentlich, wenn du nicht reinschaust?“, frage ich nur noch ganz still in meinem Inneren, während mein Blick auf den Fortschritt ihres Sudoku-Rätsels schweift. Wir haben uns da ganz bequem arrangiert. Ich pisse ihr nicht auf den Fuß und sie mir nicht. So streiten wir nicht mehr. Das ist gut. Wahrscheinlich…

Kommentar von Pascal Schrenker

Hier finden wir das erste große Indiz dafür, dass dein Verschwinden von langer Hand geplant war: Mein Bruder denkt an Altersvorsorge? Ich bitte dich! Du bist immer schon ein Kerl gewesen, der Dokumente, wie Kontoauszüge oder Lohnabrechnungen lose in einem College-Block sammelte, der grundsätzlich zu allen Terminen zu spät kam und manchmal sogar Verabredungen komplett vergaß. Nie hattest du ein Geburtstagsgeschenk und wenn wir Filme anschauten, ist dir erst nach einer halben Stunde aufgefallen, dass du ihn bereits gesehen hast.

Du bist keiner von der organisierten Sorte, keiner, der, bevor er dreißig ist, eine Lebensversicherung abschließt, vor allem dann nicht, wenn er eh so wenig verdient wie du… Das einzige, das du in deinem Leben je an Organisatorischem gestemmt hast, war das Vortäuschen deines eigenen Todes. Das ist wahrscheinlich genau der Trick an der Sache. Kein Mensch, der dich kennt, traut dir so einen Coup zu!

David Schrenker ist kein Selbstmörder!

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