Читать книгу David Schrenker ist kein Selbstmörder! - Markus Mayer - Страница 8
Tagebucheintrag vom 16. Juli 2009
ОглавлениеEs ist erst ein Tag vergangen, seit Pascal seinen Job verloren hat und schon beruft unsere Mutter eine Krisensitzung ein. Natürlich wie immer ohne Pascal.
Sobald sie Wind von einer dieser typischen Pascal-Aktionen kriegt, will sie, dass ich vorbeikomme und ihr sowie Papa, der aufmerksam schweigend beisitzt, Aktuelles aus Pascals Leben erzähle: mit welcher Frau er gerade zusammen ist, in welchen Kreisen er verkehrt, welche Probleme er hat und so weiter. „Woher soll ich das wissen?“, sag ich ihr dann immer. Doch sie lässt mich nicht einfach so vom Haken und bohrt solange, bis ich ihr irgendwas erzählt habe. Letztendlich ist es auch wurscht, denn sie spricht Pascal ohnehin nie direkt darauf an. Sie sagt keinem von uns direkt ins Gesicht, wie wir unser Leben ihrer Meinung nach leben sollen, obwohl sie seit unserer Geburt eine genaue Vorstellung davon hat. Sie folgt in ihrer Erziehung bis heute einer Pädagogikschule, die auf den ersten Blick nach Laissez-faire aussieht, in Wirklichkeit aber emotionale Manipulation ist. Sie pflanzt uns ganz subtil ihre Erwartungen in den Kopf und hofft, dass unser Unterbewusstsein uns dahingehend ausrichtet, dass wir sie zukünftig weniger enttäuschen. Es ist nicht leicht, sie zu ertappen, denn ihre Kontrollversuche erfolgen, wie gesagt, sehr subtil.
Mein Bruder und ich haben kein wirklich inniges Verhältnis, aber wir verstehen uns und kennen beide die Tricks unserer Mutter. Wenn sie uns dann wieder aufeinander loslässt, weil der eine dem anderen irgendwie ins Gewissen reden soll, dann durchschaut das der jeweils andere. Trotzdem reden wir darüber nicht miteinander. Vielleicht weil es so schwer zu benennen ist. Man kann es nicht wirklich greifen – es ist mehr so ein Gefühl. Vielleicht auch, weil wir nicht zu der Sorte von Söhnen gehören wollen, die über ihre Mutter lästern. Deshalb spielen wir einfach immer unser kleines Spiel, wenn irgendeiner von uns wieder Scheiße gebaut hat.
Kommentar von Pascal Schrenker
Wovon redest du? Warst du unter Drogen, als du das geschrieben hast? Ich habe noch nie mit dir irgendein Spiel gespielt. Wenn ich dir Ratschläge gegeben habe oder dich auf den richtigen Weg geleitet habe, dann war das von Bruderliebe motiviert. Ich habe das nicht gemacht, weil unsere Mama mich beauftragte. Ist dir mal in den Sinn gekommen, dass dir deine Familie hin und wieder einen kleinen Stups geben musste, weil du sonst eingeschlafen wärst.Du warst derjenige, der immer Geburtstage vergaß, nie Geschenke hatte und so weiter. Du riefst auch von dir aus nie einen von uns an, im dich zu erkundigen, wie es uns ging. Du hast gewartet, bis wir uns meldeten und deshalb gaben wir dir ab und an einen Hieb, damit du uns nicht vergaßt.