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2. Zivilrecht und deutsche Einigung

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Auf der Grundlage des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 31.8.1990 wurde die staatliche Einheit Deutschlands durch Beitritt gemäß Art. 23 GG mit Wirkung zum 3.10.1990 hergestellt (Gesetz zum Einigungsvertrag BGBl. 1990 II 885). Die staatliche Einheit hatte grundsätzlich auch die Einheit der Rechtsordnung zur Folge.

Die DDR hatte ihrem politischen Grundverständnis entsprechend ein staatssozialistisches Zivilrecht geschaffen, das sich vom Privatrecht der Bundesrepublik weithin unterschied. Das Zivilgesetzbuch der DDR vom 19.6.1975 war schon in Begriff und Funktion anders verstanden als das BGB: „Das Zivilrecht gestaltet die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte und Grundpflichten der Bürger weiter aus. Es regelt Beziehungen, die von den Bürgern zur Befriedigung ihrer materiellen und kulturellen Bedürfnisse mit Betrieben sowie untereinander eingegangen werden. Es schützt das sozialistische Eigentum, die Persönlichkeit und das persönliche Eigentum der Bürger“ (§ 1 II). Das Zivilrecht war infolgedessen auch zum Schutz des so genannten Volkseigentums (§ 18) eingesetzt. Es erfuhr eine vorwiegend politisch-instrumentale Bestimmung. Die Verschiedenheit im Grundbegriff schließt nicht aus, dass sich im ZGB zu Einzelfragen ähnliche Problemlösungen finden wie im BGB. Ähnliches gilt für das Familienrecht der DDR, das im Familiengesetzbuch vom 20.12.1965 eine gesonderte Kodifikation erhalten hatte (zuletzt noch geändert durch Gesetz vom 20.7.1990).

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Gemäß Art. 8 des Einigungsvertrages (BGBl. 1990 II 885 ff) sind das Bundesrecht, mithin auch das BGB und seine Nebengesetze, am 3.10.1990 grundsätzlich auch im Gebiet der ehemaligen DDR in Kraft getreten. Damit hat sich für die Bewohner der ehemaligen DDR ein erheblicher Eingriff in das bestehende Rechtsgefüge ergeben, der die Änderung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse begleitete. Für die Schöpfer des Einigungsvertrags ergab sich das Problem, ob die Geltung des Bundesrechts in den Beitrittsgebieten auf diejenigen Rechtsverhältnisse zu beschränken war, die seit 3.10.1990 neu entstehen, oder ob auch schon vorher geschaffene Rechtsbeziehungen davon erfasst sein sollten. Die gefundene Lösung geht den Weg eines Kompromisses: Für Rechtsverhältnisse, die vor dem 3.10.1990 entstanden sind, blieb zwar grundsätzlich das bisherige Recht (der ehemaligen DDR) maßgebend (zB Schuldverhältnisse, Art. 232 § 1 EGBGB); doch galt ab dem Einigungsstichtag auch für solche Rechtsverhältnisse das Bundesrecht, die auf längere Dauer angelegt waren – man wollte ein lang dauerndes Nebeneinander zweier Rechtsordnungen vermeiden.

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