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g) Auslandskorruption

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Wie bereits in der Einführung aufgezeigt, hat die Internationalisierung der Korruptionsbekämpfung das nationale Strafrecht erheblich beeinflusst. Der sich aus der offiziellen Strafverfolgungsstatistik134 ergebende Eindruck einer nur geringen praktischen Relevanz täuscht. Nicht nur nimmt die Zahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren stetig zu, insbesondere der Umfang der einzelnen Verfahren sowie die Konsequenzen sind erheblich. Ebenso spürbar wächst die Nachfrage im Bereich der Präventivberatung, bspw. nach der rechtlichen Bewertung von Korruptionsrisiken beim Abschluss von Agentur- oder Beraterverträgen im Auslandsgeschäft. Dies betrifft keineswegs nur börsennotierte Unternehmen, die gem. § 91 Abs. 2 AktG ohnehin verpflichtet sind, ein entsprechendes Risikomanagement zu betreiben, sondern insbesondere exportorientierte kleine und mittelständische Unternehmen.135 Seit einigen Jahren beherrschen allerdings in erster Linie die deutschen Konzerne die Schlagzeilen, die über eine US-amerikanische Börsenzulassung verfügen und insoweit aufgrund internationaler Korruptionspraktiken in das Visier der amerikanischen Behörden geraten sind. Im Bereich der internationalen Korruptionsbekämpfung bekleiden die USA bereits seit Jahren eine Vorreiterrolle, die sie nicht nur über ihre Gesetzgebung und den Einfluss auf die OECD, sondern auch und insbesondere mittels der Durchführung von Korruptionsverfahren gegen internationale Konzerne durchsetzen. Bereits im Jahr 1977 wurde mit dem Foreign Corrupt Practices Act (FCPA)136 ein Bundesgesetz geschaffen, das es natürlichen Personen wie auch amerikanischen Unternehmen verbietet, geldwerte Vorteile an ausländische staatliche Amtsträger zu erbringen, die den Zweck haben, den Zuschlag für ein Geschäft zu bekommen oder eine Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus verpflichtet das Gesetz alle in den USA börsennotierten Unternehmen zu einer den Antikorruptionsregeln des FCPA entsprechenden Buchführung. Die Antikorruptionsverfahren des Justizministeriums (DOJ) und der Börsenaufsicht (SEC),137 die bis zum Entzug der Börsenzulassung führen können, werden regelmäßig mit äußerst schmerzhaften Unternehmensgeldbußen (sowie der Verpflichtung zur Verbesserung der Compliance) abgeschlossen. Das sog. forum shopping der USA gerade in Korruptionsverfahren führt mitunter dazu, dass ausländische Unternehmen bereits dann der amerikanischen Strafjustiz unterliegen, wenn sie in den USA börsennotiert sind, selbst wenn sämtliche Korruptionshandlungen außerhalb der USA erfolgt sind. Etwa im Fall Daimler hat dies den USA – im Wege eines Vergleichs mit Justizministerium und SEC – Unternehmensgeldbußen i.H.v. 185 Mio. USD in die Kassen gespült. Im Fall Siemens138 hat ein US-Bundesgericht den börsennotierten Konzern im Jahr 2008 zu einer Unternehmensgeldbuße von 450 Mio. USD an das US-Justizministerium und einer Gewinnabschöpfung von 350 Mio. USD an die SEC, mithin einer Gesamtsumme von 800 Mio. USD, verurteilt.139 In Deutschland hat Siemens wegen seiner (Auslands-)Korruptionspraktiken eine Unternehmensgeldbuße wegen Verletzung der Aufsichtspflicht durch den früheren Gesamtvorstand140 von weiteren 395 Mio. EUR akzeptiert, nachdem bereits im Jahr 2007 eine Geldbuße i.H.v. 201 Mio. EUR wegen Verstößen im Geschäftsbereich Communications verhängt worden war. Die zunehmenden Aktivitäten der US-amerikanischen Behörden als „Weltpolizist“ (auch) im Bereich der Korruptionsbekämpfung treffen jedoch zunehmend auf Vorbehalte,141 wenngleich mittelfristig eine „Amerikanisierung der Korruptionsbekämpfung“ nicht zuletzt aufgrund der profiskalischen Effekte wohl auch in Deutschland zu erwarten ist. Ähnliches gilt auch für das Vereinigte Königreich. Der UK Bribery Act 2010 weist insoweit nicht nur eine Strafvorschrift für Unternehmen für die unterlassene Verhinderung von Bestechung auf (§ 7), er erklärt eine solche Norm auch auf ausländische, mithin auch deutsche Unternehmen für anwendbar, wenn bei einer Tathandlung auch nur ein allgemeiner Bezug zu Großbritannien besteht, etwa ein Bevollmächtigter dort gehandelt hat (§ 12 Abs. 5).142

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Der deutsche Gesetzgeber hat zwischenzeitlich die internationalen Vorgaben143 zur Erweiterung der Anwendbarkeit der Korruptionsvorschriften auf den internationalen Bereich umgesetzt mit der Folge, dass die Auslandsbestechung nach deutschem Recht strafbar ist und in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden kann und in der Praxis auch wird. Bis in das Jahr 2015 geschah dies durch eine komplizierte Erweiterung des Anwendungsbereiches der Korruptionsvorschriften des StGB durch zwei eigenständige Gesetze, das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung (IntBestG)144 sowie das EU-Bestechungsgesetz (EUBestG).145 Diese Gesetze haben die Anwendbarkeit des Amtsträgerbegriffes auch auf internationale Amtsträger, die Amtsträger von EU-Mitgliedstaaten sowie auf bestimmte Gemeinschaftsbeamte, Mitglieder der Kommission und des Rechnungshofes der europäischen Gemeinschaften ausgeweitet. Des Verweises auf die Vorschriften des IntBestG sowie des EuBestG bedarf es seit November 2015 nicht mehr, da der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption die Erweiterungen des Amtsträgerbegriffes zwischenzeitlich – jedenfalls zum größten Teil – in das StGB (§§ 11 Abs. 1 Nr. 2a, 331ff., 335a StGB) übernommen hat.146 Gegenstand der Bestechung und auch der Vorteilsgewährung können nunmehr ausweislich des Wortlautes der §§ 331ff. StGB auch sog. „Europäische Amtsträger“ sein. Europäische Amtsträger sind ausweislich der neuen Legaldefinition des § 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB Beamte oder sonstige Bedienstete der Europäischen Union sowie die Mitglieder der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union.147

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Für die Anwendung der Strafvorschriften über die Bestechung (und Bestechlichkeit) – nicht jedoch der schlichten Vorteilsgewährung (s.o.) – stellt § 335a Abs. 1 StGB (n.F.) darüber hinaus nunmehr generell bestimmte „ausländische und internationale Bedienstete“ den inländischen Amtsträgern gleich. Ausweislich § 335a Abs. 1 Satz 2 StGB erstreckt sich die Gleichstellung mit einem (deutschen) Amtsträger auf a) Bedienstete eines ausländischen Staates (sowie Personen, die beauftragt sind, öffentliche Aufgaben für einen ausländischen Staat wahrzunehmen), b) Bedienstete einer internationalen Organisation (sowie Personen, die beauftragt sind, Aufgaben einer internationalen Organisation wahrzunehmen) sowie c) Soldaten eines ausländischen Staates und Soldaten, die beauftragt sind, Aufgaben einer internationalen Organisation wahrzunehmen. Für die Beamten und sonstigen Bediensteten ausländischer und internationaler Behörden wird, anders als bisher, nicht mehr der Begriff „Amtsträger“, sondern nur noch der einheitliche Begriff „Bedienstete“ verwendet. Ausländische und internationale Beamte sind von dem Begriff „Bedienstete“ allerdings miterfasst.148

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Da § 335a Abs. 1 StGB nur die Anwendbarkeit der §§ 332 und 334 StGB (also die Bestechlichkeit und Bestechung) auf Bedienstete ausländischer und internationaler Behörden erstreckt, ist insoweit das Vorliegen einer sog. Unrechtsvereinbarung erforderlich, das Verhalten muss sich also auf eine pflichtwidrige Diensthandlung als Gegenleistung für den gewährten Vorteil beziehen. Gegenüber Bediensteten ausländischer und internationaler Behörden ist damit weiterhin nur die Bestechung i.S.v. § 334 StGB und nicht bereits die einfache Vorteilsgewährung strafbar. Ein neues, nicht zu unterschätzendes Compliance-Risiko ergibt sich jedoch daraus, dass die (schlichte) Vorteilsgewährung i.S.v. § 333 StGB, also auch Maßnahmen der sog. Klimapflege, nunmehr auch gegenüber Europäischen Amtsträgern (§ 333 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB)149 strafbewehrt ist.

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Für solche im Ausland begangenen Korruptionsstraftaten gilt das deutsche Strafrecht unabhängig vom Recht des Tatorts, wenn ein besonderer Inlandsbezug besteht. Ein solcher Inlandsbezug besteht gem. § 5 Nr. 15 StGB, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist, er Europäischer Amtsträger ist und seine Dienststelle ihren Sitz in Deutschland hat oder die Tat gegenüber einem (deutschen) Amtsträger oder einem Europäischen Amtsträger oder einer nach § 335a StGB gleichgestellten Person begangen wird, die zur Zeit der Tat Deutsche ist.

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Auch die Anwendbarkeit der Bestechung im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 StGB ist auf Auslandssachverhalte erstreckt worden. Bis November 2015 war dies ausdrücklich in § 299 Abs. 3 StGB (Erfassung von Auslandssachverhalten) geregelt, mit Wirkung ab dem 26.11.2015 sieht der (neue) Tatbestand des § 299 StGB als Tathandlung die unlautere Bevorzugung eines anderen „im inländischen oder ausländischen Wettbewerb“ vor. Da der Tatbestand keine Beschränkung auf deutsche Angestellte und Beauftragte sowie auf deutsche Unternehmen enthält, findet er auch bei Taten von ausländischen Angestellten und Beauftragten ausländischer Unternehmen Anwendung. Trotz der Erweiterung des Schutzbereichs des § 299 StGB auf den ausländischen Wettbewerb bleibt die Frage der Anwendbarkeit der Auslandsbestechung im privaten Sektor jedenfalls im Falle von im Ausland begangenen Handlungen im Einzelfall problematisch, eine Anwendungsvorschrift, wie in § 5 Nr. 15 StGB für die §§ 331ff. StGB vorgesehen, besteht für § 299 StGB nicht. Die allgemeinen Grundsätze der §§ 3ff. StGB, das sog. innerstaatliche Strafanwendungsrecht, bleiben damit im Einzelfall zu berücksichtigen.150 Für die Frage der Anwendbarkeit deutschen Rechts ist bei Auslandstaten gem. § 7 Abs. 1 und 2 StGB daher weiterhin die jeweilige lokale Rechtslage zur Strafbarkeit der Korruption im privaten Sektor von Bedeutung.

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Compliance-Risiken ergeben sich bei der Auslandskorruption damit nicht nur im Falle der konkreten (Auslands-)Bestechung, für die unzweifelhaft ein Gerichtsstand in Deutschland vorliegt, sondern neuerdings auch aus ehedem – jedenfalls nach deutschem Recht – im Ausland nicht strafbaren Handlungen, nämlich der Vorteilsgewährung, die mit Wirkung ab dem 26.11.2015 gegenüber einem Europäischen Amtsträger ebenfalls strafbar ist.

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Regelmäßig unter den Tatbestand der (Auslands-)Bestechung subsumiert werden können die im internationalen Geschäft nicht unüblichen sog. facilitation payments bzw. expediting payments (Erleichterungs- und Beschleunigungszahlungen), da hier nicht nur Klimapflege betrieben wird, sondern relativ konkret eine pflichtwidrige Gegenleistung, nämlich die bevorzugte Behandlung oder Abfertigung, vereinbart wird. Natürlich gibt es auch Fälle, in denen der (deutsche) Unternehmer Opfer eines Machtmissbrauchs des ausländischen Amtsträgers wird und dieser ihm die Zahlung quasi abpresst. In einem solchen Fall handelt der Zahlende weniger, um sich einen unbilligen Vorteil im internationalen geschäftlichen Verkehr zu verschaffen, sondern um Schaden von seinem Unternehmen abzuwenden, er befindet sich in einer Art Nötigungsnotstand. Zahlt der Vorteilsgeber etwa nicht für die Vornahme einer Diensthandlung, sondern für die Unterlassung einer rechtswidrigen (gar willkürlichen) Diensthandlung, nämlich der verzögerten Abfertigung mangels Zahlung, fehlt es u.U. sogar an einer Unrechtsvereinbarung. Die von § 334 StGB geforderte Pflichtwidrigkeit der (gekauften) Diensthandlung läge hier gerade nicht vor, wenn der ausländische Amtsträger aufgrund der Zahlung eine rechtswidrige Diensthandlung unterlässt, sich also rechtmäßig verhält. Die Vorteilshingabe für eine rechtmäßige Diensthandlung hingegen stellt aber lediglich eine Vorteilsgewährung i.S.v. § 333 StGB dar, die wiederum nur gegenüber europäischen Amtsträgern strafbewehrt ist. Dennoch liegt auf der Hand, dass auch solche Zahlungen ein immenses Compliance-Risiko beinhalten, da das Finanzamt eine solche Zahlung natürlich in Frage stellen würde und eine Staatsanwaltschaft in einem solchen Fall natürlich ermitteln und hier quasi eine Art Beweislastumkehr entstehen würde.

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