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a) Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung
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Die Tatsache, dass das Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstandes, das in voller Tatsachenkenntnis höchstpersönlich handelt, entsprechende Anweisungen erteilt oder inkriminierte Handlungen von Untergebenen duldet, strafrechtlich selbst als Täter, Mittäter oder Gehilfe (Anstifter oder Gehilfe) haftet, dürfte keine neue Erkenntnis sein. Rechtlich kompliziert sind jedoch die Grenzfälle, in denen das Mitglied eines mehrköpfigen Führungsorgans entweder keine konkrete Kenntnis von Straftaten seiner Gremienkollegen hat, diese zur Kenntnis nimmt, ggf. innerlich ablehnt, aber nicht verhindert, sich auf die Verantwortung anderer (etwa auch eines Compliance Officers) verlässt oder schlichtweg keine Sorge für hinreichende Organisationsstrukturen trägt und insoweit fahrlässig handelt. Auch die Verletzung der zwischenzeitlich anerkannten Pflicht zur Einrichtung eines auf die Vermeidung strafbarer Handlungen ausgerichteten Compliance-Management-Systems kann insoweit zu einer Pflichtverletzung führen, die, soweit aus dieser Pflichtverletzung ein Schaden resultiert, ihrerseits wiederum zu einer (Fahrlässigkeits-)Strafbarkeit der Unternehmensleitung – das sog. „Organisationsverschulden“ – führt. Es entspricht zwischenzeitlich der wohl überwiegenden Auffassung, dass der Vorstand im Rahmen seiner Legalitätspflicht dafür Sorge zu tragen hat, dass das Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine Gesetzesverstöße wie etwa Schmiergeldzahlungen an Amtsträger oder an Privatpersonen erfolgen. Seiner Organisationspflicht genügt ein Vorstandsmitglied bei entsprechender Gefährdungslage nur dann, wenn er eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation einrichtet. Entscheidend für den Umfang im Einzelnen sind dabei Art, Größe und Organisation des Unternehmens, die zu beachtenden Vorschriften, die geografische Präsenz wie auch Verdachtsfälle aus der Vergangenheit. Die Einhaltung des Legalitätsprinzips und demgemäß die Einrichtung eines funktionierenden Compliance-Systems gehört damit zur Gesamtverantwortung des Vorstands.175 Auch hier kommt neben einer zivilrechtlichen Haftung eine eigenständige strafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder der Geschäftsleitung sowie der aufgrund der Delegation beauftragten Mitarbeiter in Betracht.