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IRIMIÁS

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AUTOR: László Krasznahorkai

TITEL: Satanstango

(aus dem Ungarischen von Hans Skirecki)

ORIGINALFASSUNG: 1985


»Wir werden alle in die Luft sprengen«, beginnt Irimiás mit gedämpfter Stimme, dann wiederholt er mit lautem Baß: »Wir werden alle in die Luft sprengen! Jeden einzelnen für sich«, sagt er zu Petrina, »das ganze feige Gewürm. …«

Aber das ist doch nur ein Scherz, nichts weiter, um die Leute ein bisschen zu schockieren. Nein, nein, die Dorfgemeinschaft, aus der Irimiás mit seinem Kumpel Petrina vor eineinhalb Jahren fortging, totgeglaubt, die weiß es besser: »Irimiás ist ein großer Magier. Der baut noch aus Kuhscheiße ein Schloß, wenn er will«, sagt Futaki zu Schmidt. Seine Frau kennt ihn, den sie insgeheim ihren Messias nennen, noch besser: »Sie hat nur einen Mann gekannt – Irimiás –, der sie sowohl im Bett als auch im Leben hochbringen konnte. Irimiás, dessen kleinen Finger sie nicht für alle Schätze der Welt hingäbe, von dem ein Wort mehr bedeutet als das Gerede sämtlicher Männer zusammen … Ach ja, die Männer! Wo ist hier ein Mann – außer ihm?«

Nichts als ein arbeitsloser Herumtreiber ist er, und zusammen mit Petrina hat ihm im spätkommunistischen Ungarn die Geheimpolizei den Auftrag erteilt, Spitzel herbeizuschaffen. Also tanzt er den ihn völlig zu Unrecht idealisierenden Dörflern, die ihre Zeit mit Nichtstun und Saufen in der Kneipe verbringen, einen Satanstango vor – dies der Titel des Debütromans von László Krasznahorkai und der sehr werktreuen, 450-minütigen Kultverfilmung von Béla Tarr aus dem Jahr 1994.

»… Wie bitte? Die Schwierigkeit? Nun ja, wie gesagt, warum Ihnen das verheimlichen, das hätte keinen Sinn, nur … Nur das Geld, meine Damen und Herren. Denn ohne Pulver, nicht wahr, kann ich nicht schießen. Denn der Pachtzins, die Vertragskosten, die Rekonstruktion, die Investitionen. Die Produktion, das wissen Sie, hat einen sogenannten Kapitalbedarf. Aber das wird zu kompliziert, auf solche Dinge wollen wir jetzt nicht eingehen, Freunde … Wie bitte? Haben Sie? Aber woher denn? Aha, Ich verstehe. Die Schafe. Nun, das ist löblich.«

Und so packen sie alle ihre Sachen, geben ihm ihr Geld und ziehen los in Richtung eines gelobten Landes, obwohl ihnen dämmern müsste, dass das alles nur Schafsmist ist. Irimiás ist das Achtzigerjahre-Pendant dieses Spam-Mails mit den sensationellen Investment-Gelegenheiten. Wer Klugheit besitzt und zur Schau stellt, den schätzt die blinde Masse. Und wer klüger ist als die anderen und außerdem noch ein rechter Ganove, der weiß das bestens auszunutzen. Recht geschieht ihnen: Die Futakis, die Kráners, die Schmidts, sie kriegen den Schurken, den sie verdient haben.

Irimiás ist ein Prophet wie sein Namensgeber, der biblische Jeremia – nur eben ein falscher. Statt in die Zunkunft zu blicken, schaut er direkt in seine armselig vor sich hin vegetierenden Schäfchen hinein und durch sie hindurch. In den Berichten, die Irimiás über die Leichtgläubigen verfasst, macht er schließlich seiner Verachtung Luft: Die Beamten haben ziemliche Mühe, seine derben und unflätigen Kommentare in ein sachlich-neutrales Ungarisch zu übersetzen. ■

BEINAME: Messias

BERUF: freiberuflicher Spitzel

SIDEKICK: Petrina

REDEGEWANDTHEIT: SEXAPPEAL: LIEBLINGSTIERE: die Schafe VORBILD: Jeremia

Das Buch der Schurken

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