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DIE VIERZIG RÄUBER

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AUTOR: womöglich Antoine Galland

TITEL: Tausendundeine Nacht

(aus dem Arabischen von Gustav Weil)

ORIGINALFASSUNG: 1709


»Kameraden, jetzt kann uns nichts mehr hindern, volle Rache für die Bosheit zu nehmen, die an uns verübt worden ist. Ich kenne das Haus des Schurken, den sie treffen soll, ganz genau und habe unterwegs auf Mittel gedacht, die Sache so schlau anzugreifen, dass niemand weder von unserer Höhle, noch von unserm Schatze etwas ahnen soll; denn dies ist der Hauptzweck, den wir bei unserm Unternehmen vor Augen haben müssen, sonst würde es uns ins Verderben stürzen.

Da reden die Richtigen! Schurke, Bosheit, Verderben – davon müssten diese Männer eigentlich am meisten verstehen, haben sie sich doch mit der Zeit einen ordentlichen Haufen an Reichtümern erbeutet, die sie in ihrem Geheimversteck lagern. Ein frei stehender Felsen ist es, der praktischerweise eine Tür hat, die – noch praktischer – auf die Worte »Sesam, öffne dich!« reagiert. Warum das so ist, das ist nicht aus dem alten Indien über Persien und Syrien zum französischen »Entdecker« (oder gar Verfasser?) der Geschichte, Antoine Galland, durchgedrungen. Profiräuber muss man sein, oder Glück muss man haben.

Ganz unrecht hat der Räuberhauptmann aber nicht mit seiner Anschuldigung. Denn die zwei bis 40 lebendigen Räuber dieses Märchens, ob es nun vielfach überliefert oder einfach erfunden ist, sind zwar ein stattliches Schurkenkollektiv (besonders wenn man bedenkt, dass im Orient »vierzig« ein Symbol für »viele« war), aber bei Weitem nicht die einzigen Gauner: Ali Baba, seine ganze Familie und seine Dienerschaft haben es faustdick hinter den Ohren. Willkommen im wilden Schurkistan, wo ein Satz wie »Sei ruhig, liebes Weib, und mach dir keine Sorge darob, ich bin kein Dieb, denn ich habe dies alles nur Dieben genommen« alle moralischen Skrupel so gründlich ausräumt wie Ali Babas Bruder Casim die Felsenhöhle der Räuber.

Alles ist hier erlaubt und irgendwie selbstverständlich, denn es geht ja um glänzendes Gold: Eine gevierteilte Leiche wird wieder zusammengeflickt, und eine gerissene Sklavin namens Morgiane oder Mardschana wird ohne Skrupel für ihren Herren zur Massenmörderin. 37 der 40 Räuber verstecken sich in Ölschläuchen und lassen sich über einen sozusagen trojanischen Esel in Ali Babas Haus einschleusen. Ganz schön viele für einen einzigen Meuchelmord. Wären nur mehr von ihnen zu Hause geblieben, betrüge die Räuberreduktion durch Morgianes Attacke mit – wie passend! – heißem Öl nicht ganze 92,5 Prozent. Später versucht der Hauptmann selbst unter dem Decknamen Chogia Husein einen weiteren Racheakt, doch Morgianes Dolch ist schneller gezückt. Wer also ist hier der größte Schurke? Die 40 Räuber gewinnen zumindest nach Quantität.

Eine ziemliche Halunkin ist auch Scheherazade, laut Tausendundeine Nacht die Erzählerin dieser und unzähliger weiterer Geschichten. Sie erzählt buchstäblich um Kopf und Kragen. Denn um die ihr bevorstehende Hinrichtung durch den Sultan von Indien immer weiter hinauszuzögern, wendet sie einen Trick an, der heute das wichtigste Mittel jeder Fernsehserie ist: den Cliffhanger. Sie bricht einfach immer dann ab, wenn es am spannendsten ist. ■

HAUPTMANN: Chogia Husein (Deckname)

HERKUNFT: Arabien

NACHT: 270.

STÄRKE: Sesam

SCHWÄCHE: Öl

REICHENINDEX: ÜBERLEBENDE: ERZFEINDE: Ali Baba, Morgiane

Das Buch der Schurken

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