Читать книгу Meine zwei Leben - Martina Prewein - Страница 21
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ОглавлениеManfred hat mich für die Energie, mit der ich mein Geschäft betrieb, bewundert. Esti, du bist großartig. Esti, du bist eine Künstlerin. Ja, so wunderbare Komplimente machte er mir damals. Früher. Am Anfang.
Wenige Tage nachdem Holger und ich unseren Eissalon in Wien eröffnet hatten, kam Manfred zum ersten Mal in unser Geschäft und bot uns seine Geräte zum Kauf an. Er gefiel mir sofort, er zog mich auf eine zauberhafte Weise an. Ich begann mir vorzustellen, ihn zu küssen, mit ihm zu schlafen, mit ihm eine Beziehung zu haben. Tagträume, denen ich mehr Zeit gab, wenn ich mit Holger Streit hatte. Aber ich habe Manfreds Vorschläge, mit ihm auszugehen, abgelehnt. Lange. Nein, Esti, du bist verheiratet. Nein, Esti, du darfst deinem Mann nicht untreu sein, auch wenn er dich kaum noch anrührt. Nein, Esti, du musst verzichten.
Irgendwann schaffte ich das nicht mehr. Es war im Juni 2007, die Stimmung zwischen Holger und mir war den ganzen Tag über schon extrem schlecht gewesen. Am Morgen hatte er in einem Wutanfall mit seinen Fäusten auf die Wand im Badezimmer eingehauen. Und später, im Eissalon, einer Frau Avancen gemacht, total sein Typ, also groß, vollbusig, breites Becken – ich fragte mich oft, warum er mich jemals anziehend gefunden hatte. Ein paar Stunden danach kam Manfred in das Lokal. Holger war da längst daheim. Diesmal sagte ich „ja“, als mich Manfred fragte, ob ich mit ihm in einem Lokal ums Eck ein Glas Wein trinken möchte.
Der Abend war wunderschön, endlich fühlte ich mich wieder begehrt und verstanden. Wir gingen noch ein paar weitere Male miteinander aus, irgendwann landeten wir im Bett. Der Sex war gut. Was Manfred zu mir sagte, klang vielversprechend. Esti, ich begreife nicht, warum du bei diesem Mann bleibst, der dich nicht zu schätzen weiß. Esti, du hast Besseres verdient. Esti, ich liebe dich. Esti, denk endlich mal an dich.
Das tat ich dann auch. Ich beschloss, mich von Holger zu trennen. Und gab mich neuen Illusionen hin. Ich malte mir aus, wie es wäre, mit Manfred verheiratet zu sein und mit ihm Babys zu haben. Meine Fantasien wurden so mächtig, dass ich sie für die Realität hielt. Ja, das ist eine echte Fähigkeit von mir. Ich bringe es fertig, mich wegzubeamen aus der Wirklichkeit und in meinen Gedanken ganz woanders zu sein. Das hat mir oft geholfen, wenn ich in schlimmen Situationen war und ich mich in eine bessere Welt transferierte. Das hat mir aber auch oft geschadet.
Im Fall von Manfred ist das so gewesen. Nach der Scheidung von Holger machte er schnell mit mir Schluss. Esti, wir haben uns beide in etwas reingesteigert, mir ist mittlerweile klar geworden, dass wir nicht zueinander passen. Ich werde bald 45, du bist einfach zu jung für mich. Die Kinder aus meiner ersten Ehe sind schon erwachsen, ich bin bereits Großvater. Ich mache mich vor mir selbst lächerlich, wenn ich nun nochmal Vater werde.
Meine Enttäuschung über seine Worte war grenzenlos, ich weinte, ich flehte Manfred an, mich nicht zu verlassen. Er tat es trotzdem. Aber das wirkliche Ende zwischen uns beiden war noch lange nicht da.