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Untersuchungsmaterial und Methodik

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Die Erforschung der Alltagsgeschichte des Bündner Polizeiwesens ist, so kann die Brücke zu den vorangehenden Bemerkungen geschlagen werden, auf die Ergründung von vorfindbaren Kommunikationsüberlieferungen (und in diesem Sinn auch Entscheidungsspuren) angewiesen. Hierin zeigt sich besonders gut, dass der bislang in der Polizeigeschichtsschreibung oftmals unilateral erfolgte Rückgriff auf gedruckte Quellen (Instruktionen, Reglemente, Gesetze) oder schriftliche Verordnungen und Weisungen mit instruierendem und allgemeingültigem Charakter nur einen eingeschränkten Blick in den Alltag der Polizeibeamten gewährt.78 Obwohl die Abbildung der damaligen Realitäten aus der Retrospektive immer eine Utopie bleiben wird, können kommunikative Produkte des Polizeialltags (und dies sind in regelmässigen Abständen verfasste Landjägerrapporte weit eher als sporadisch erscheinende Instruktionen oder für das Gesamtkorps erlassene Weisungen) diesem Anspruch um ein Vielfaches gerechter werden. Dadurch nämlich können auch die sogenannten Grenzen des Systems wesentlich besser herausgearbeitet werden. Wenn also beispielweise nach dem formalen Polizeisystem gefragt wird, kann bald festgestellt werden, dass die Erforschung dieses von den Leitungsgremien verkündeten oder zumindest tolerierten formal-normativen Rahmens durch die Besichtigung von erlassenen Instruktionen und Ähnlichem allein sehr lückenhaft wäre. Noch augenscheinlicher wird dies, wenn die Rahmenbedingungen des Ersten Teils verlassen werden und nach den polizeilichen Alltagspraktiken gefragt wird beziehungsweise wenn beispielsweise die tatsächlichen Vorgehensweisen der Polizeibeamten im Kontext dieser formal-normativen Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Interesses stehen. Quellengattung und Art der Fragestellung stehen – hierbei handelt es sich in der Geschichtswissenschaft beileibe nicht um eine neue Erkenntnis – in einem überaus determinierenden Verhältnis. In einem solchen sozialgeschichtlichen Ansatz zur Rekonstruktion des Polizeialltags geht es somit (wenn die Begriffe der Kommunikationen und Entscheidungen auf eine metaphorische Ebene gestellt würden) zunächst um nichts anderes als eine Anhäufung von unzähligen kleinen Situationen oder eben Steinchen, welche sich durch die systematische Gruppierung und Selektion wie ein Mosaik zu einem Gesamtbild zusammenfügen lassen. Dabei stellt sich dem Historiker stets von Neuem die zentrale Frage, welche Betrachtungsweisen möglichst aussagekräftige Bilder ermöglichen. Insofern ist die Frage nach der überzeugenden Auswahl der Quellen und der passenden Vorgehensweise eminent wichtig.



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