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Polizeigeschichte im Spannungsfeld soziologischer Theoriebegriffe

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In ihren Abhandlungen zu soziologischen und strukturgenetischen Fragen der Polizeigeschichte haben zahlreiche Autoren als Ansatz- und Ausgangspunkt für deren Skizzierung das bürokratische Herrschaftsmodell Max Webers herangezogen. In ihrer Argumentation wiesen sie darauf hin, dass nachrevolutionäre Polizeikorps westlicher Staaten geradezu prädestiniert seien und auch Weber als Vorbild für dieses Modell gedient hätten. Ausschlaggebend ist laut Behr in diesem Zusammenhang die «bürokratische Organisation der Polizei», welche im Weber’schen Verständnis auf die «Typologie legitimer staatlicher Herrschaft» gründe.9 Es handle sich um die «reine Form» dieser Gewaltausübung, erkennbar als «legale Herrschaft mit bürokratischem Verwaltungsstab». Kennzeichnend in diesem Zusammenhang sei, dass sich die Beamten weniger auf eine «personale Autorität» fixieren würden, sondern «sachlichen Zwecken» unterstellt seien. Es handle sich insofern um ein «Verhältnis zur politischen Führung», welches durch «Loyalität» (gehorcht werde «einer Regel: dem ‹Gesetz› oder ‹Reglement›, einer formal abstrakten Norm»10) und durch «Fachwissen» definiert werde. Als Kritikpunkt am Ansatz Webers nun hat Behr berechtigterweise die mangelnde Berücksichtigung «informeller Beziehungen» innerhalb dieses Polizeikorps angebracht und dabei insbesondere auf die «zahlreichen nicht-bürokratieförmigen Einstellungen und Rollen» verwiesen, ohne die ein solcher Beamtenapparat «überhaupt nicht funktionieren würde».11 Der entscheidendste Kritikpunkt am Weber’schen Herrschaftsmodell liege in der ungenügenden Berücksichtigung einer «Dysfunktionalität verschiedener konkurrierender Strukturelemente einer Organisation», wobei Behr als offensichtliche Disparitäten antagonistische Begriffspaare wie Theorie/Praxis, Bildung/Erfahrung oder Dienstrang/Fachwissen unterstrich. Auch Brodeur kam zum Schluss, dass die Polizeiforschung noch zu stark auf Webers Theorie fokussiere. Der deutsche Soziologe habe sein Augenmerk in erster Linie auf die Gewaltabsicht des Staats zur Ausübung des Monopols gerichtet und dabei die Ziele vernachlässigt, «die er für nicht definiert hielt und daher als unspezifisch ansah».12 Es kann als Schicksal eines jeden Modells bezeichnet werden, dass es vergleichsweise komplexe Organisationsmechanismen nur in Ansätzen zu umschreiben vermag. Insofern sind Modelle bereits a priori zum Scheitern verurteilt. Nichtsdestotrotz kann dem Weber’schen Herrschaftsmodell durch dessen grobe Umschreibung eines weitreichenden Sachverhalts ein gewisser Nutzen abgewonnen werden.13 Seine Theorie ist jedoch nicht imstande, die Morphologie eines komplexen Organisationsgeflechts möglichst genau zu umschreiben (ein entsprechender Versuch soll nicht zuletzt auch Intention dieser Arbeit sein).14 Dafür müssen die feinen Strukturen, die organisatorischen sowie zwischenmenschlichen Verhältnisse, welche sich in den jeweiligen Interaktionsformen ausdrücken, ferner auch die zahlreichen äusseren und inneren Faktoren, berücksichtigt und genauer untersucht werden. Diese gilt es herauszuschälen, bezüglich ihres Einwirkungspotenzials zu befragen und einander gegenüberzustellen.



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