Читать книгу Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen - Matthias Jahn - Страница 36

II. Allgemeines Register (AR), Verfahrensregister (BvR) und weiterer Verfahrensgang

Оглавление

59

Eingaben an das Gericht, mit denen der Absender weder einen bestimmten Antrag verfolgt noch ein Anliegen geltend macht, für das eine Zuständigkeit des BVerfG besteht, werden im Allgemeinen Register (AR) erfasst. Sie werden als Justizverwaltungsangelegenheiten bearbeitet. Im AR können aber auch Verfassungsbeschwerden registriert werden, bei denen eine Annahme zur Entscheidung nicht in Betracht kommt, weil sie offensichtlich unzulässig sind oder unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichts offensichtlich keinen Erfolg haben können. In den letzten Jahren wurden nur zwischen 22 % (1999) und 58 % (2013) der im AR eingetragenen Verfassungsbeschwerden gem. § 61 Abs. 2 GOBVerfG später in das Verfahrensregister übertragen; weit über die Hälfte aller Eingaben scheitern demnach bereits an dieser Stelle.[33] Konkret heißt das, dass z.B. im Jahr 2010 insgesamt 4.847 Eingaben erledigt wurden, ohne dass ein Richter der Kammern sie je zu Gesicht bekommen hätte.[34] Begehrt der Einsender nach Unterrichtung über die Rechtslage dennoch die richterliche Entscheidung, wird die Beschwerde in das Verfahrensregister übertragen und weiterbehandelt (§ 61 Abs. 2 GOBVerfG).

60

Ist die Verfassungsbeschwerde ordnungsgemäß eingelegt, so erhält sie ein BvR-Aktenzeichen. Da dies schon die Vorprüfung durch den/die zuständige(n) Präsidialrat/-rätin (§ 60 Abs. 1 GOBVerfG) voraussetzt, können darüber bis zu zwei Wochen vergehen. Nach der Mitteilung des Aktenzeichens hört der Beschwerdeführer von der Sache in aller Regel für längere Zeit nichts mehr. Zutreffend lakonisch heißt es bei Zuck[35]: „Schriftwechsel ist unüblich. Wenn das Gericht etwas wissen will, fragt es danach.“ Die Kammer – in der Praxis also zunächst der zuständige Wissenschaftliche Mitarbeiter mit anschließender Vorlage an den Dezernenten und, im Falle der Zustimmung, Umlauf bei den beiden anderen Kammermitgliedern[36] – prüft nun die Annahmevoraussetzungen nach § 93a BVerfGG. Hieraus erwächst nicht nur eine der Tätigkeit in einem amtsrichterlichen Dezernat nahekommende Selbständigkeit in der Verwaltung des intern zugewiesenen Aktenbestandes, sondern durch die eigenständige Erstellung von Sachbericht und Votum in Verbindung mit der dem richterlichen Dezernenten zur Verfügung stehenden Jahresarbeitszeit ein ganz erheblicher Einfluss auf den Rechtsfindungsvorgang in Kammersachen.[37] In einem Zeitraum zwischen einigen Monaten und einigen Jahren ergeht dann eine Entscheidung, ob die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung angenommen wird.[38] Wird sie, die Statistik dementierend, zur Entscheidung angenommen, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist und das Gericht die maßgebliche Frage bereits entschieden hat. Hat die Kammer weder abgelehnt noch stattgegeben, so wird die Verfassungsbeschwerde zugestellt (§ 22 GOBVerfG) und der Senat entscheidet über die Annahme. Das Senatsverfahren dauert nun im Allgemeinen zwischen zwei und fünf Jahren.

61

An dieser Ausgangslage orientiert, sollen im folgenden zweiten Teil[39] zunächst abstrakt die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde in Strafsachen erläutert werden. Der Rechtsanwalt, der von seinem Mandanten mit der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde beauftragt wurde, sollte sich so darüber klar werden, ob es überhaupt (ggf.: noch oder schon) Sinn macht, mit seinem Begehren vor das höchste deutsche Gericht zu ziehen. In einem dritten Teil[40] werden zum Abschluss die konkreten Anforderungen an das Verfassen einer Beschwerdeschrift und Einhaltung der Subsidiaritätsanforderungen behandelt. Die Ausführungen sollen als Hilfestellung dienen, aber auch daran erinnern, dass im Einzelfall durchaus eingehende Überlegungen zu der Frage angestellt werden sollten, ob der nicht auf Straf(prozess)verfassungsrecht spezialisierte Rechtsanwalt der ehrenvollen, aber schwierigen Aufgabe angesichts der nicht immer gastfreundlichen Karlsruher Spruchpraxis in jeder Hinsicht gewachsen ist.

Teil 1 Die Aufgaben des Strafverteidigers im VerfassungsbeschwerdeverfahrenB. Weitere verfahrensrelevante Gesichtspunkte › III. Rechtskraft eines Nichtannahmebeschlusses

Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen

Подняться наверх