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Friedrich Wilhelm IV.

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Mit diesem Votum in der Tasche machen sich am 3. April 1849 mehr als 30 Delegierte der Nationalversammlung auf den Weg zum preußischen König nach Berlin. Friedrich Wilhelm IV. nimmt seine Wahl zum deutschen Kaiser mit freundlichen Worten zur Kenntnis und bittet um Bedenkzeit. Aber seine Entscheidung steht schon lange fest. „Dieses Ding“, wie er die Kaiserkrone nennt, nimmt er nicht an. Seine Gründe hat er dem Abgeordneten Ernst Moritz Arndt schon kurz vorher anvertraut:

„Das Ding, von dem wir reden, trägt nicht das Zeichen des heiligen Kreuzes, drückt nicht den Stempel ‚von Gottes Gnaden‘ aufs Haupt, ist keine Krone. Es ist das eiserne Halsband der Knechtschaft, durch welches der Sohn von mehr als 24 Regenten, Kurfürsten und Königen, das Haupt von 16 Millionen, der Herr des treuesten und tapfersten Heeres der Welt der Revolution zum Leibeigenen gemacht werden würde.“

Friedrich Wilhelm IV. will nicht von der „Kanaille“ gekrönt werden. Diese leichtfertige Abweisung des Wunsches der Nationalversammlung ist aber weit mehr als nur die starrsinnige Haltung eines preußischen Potentaten. Der König von Preußen vergibt mit seiner Ablehnung den Deutschen die letzte Chance sich friedlich in einem gemeinsamen Staat zu vereinen. Ihm ist das sicher nicht bewusst gewesen, aber in der historischen Rückschau erweist sich seine Haltung als fatal. Dem Parlament gegenüber verweist Friedrich Wilhelm IV. auf die Ablehnung seiner Regentschaft durch sämtliche europäischen Herrscher, die in einer neuen kaiserlichen deutschen Großmacht – nach bekanntem Strickmuster – nur einen lästigen Konkurrenten sehen und ihn vermutlich alsbald in einen Krieg verwickeln würden. Weit mehr aber zählt, dass Friedrich Wilhelm IV. kein Bürgermonarch ist. Einer durch das Parlament bewerkstelligten deutschen Einheit ist damit der Weg versperrt, jetzt bleibt nur noch die Vereinigung von oben - durch die deutschen Fürsten. Diese „Einheit“ wird der Bruder und Nachfolger Friedrich Wilhelms IV. 1871 mit Hilfe des „eisernen Kanzlers“ Otto von Bismarck ebenso prunkvoll wie gewaltsam inszenieren.

Die frustrierte Abordnung der Nationalversammlung reist in der berechtigten Vorahnung nach Frankfurt zurück, dass mit dieser Entscheidung die deutsche Revolution gescheitert ist. Zwei Tage nach ihrer Rückkehr werden die österreichischen Abgeordneten nach Wien zurück beordert, gleichzeitig wird die Reichsverfassung von 28 Kleinstaaten des Deutschen Bundes anerkannt. Aber drei der wichtigsten deutschen Staaten Bayern, Sachsen und Hannover lehnen die Reichsverfassung ab und signalisieren das Scheitern der Bemühungen einen deutschen Zentralstaat zu schaffen. Als sich die Zweite Kammer des preußischen Landtags am 21. April 1849 der Verfassung anschließt, wird sie durch einen königlichen Erlass kurzerhand aufgelöst. Obwohl im ganzen Land die revolutionären Aufstände unter den Knüppeln von Polizei und Militär zusammen gebrochen sind, rufen die Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung unbeirrt die Regierungen der Einzelstaaten auf, die Reichsverfassung anzuerkennen. Aber das Ende der deutschen Revolution ist nah.

Am 14. Mai 1849 werden die preußischen Abgeordneten aus Frankfurt abberufen, zwei Wochen später weicht das so genannte Rumpfparlament nach Stuttgart aus. Mitte Juni marschieren preußische Truppen in der Pfalz ein. Dort tagt seit einigen Wochen eine provisorische Revolutionsregierung, deren Truppen von preußischen Soldaten blutig nieder gemacht werden. Am 18. Juni 1849 erringen württembergische Truppen den zweifelhaften Ruf, die letzten Abgeordneten des Stuttgarter Rumpfparlaments auseinander gejagt zu haben. Die verängstigten Männer der Nationalversammlung flüchten in alle Himmelsrichtungen. Den endgültigen Schussstrich unter die gescheiterte deutsche Revolution ziehen am 23. Juli 1849 die letzten in der Festung Rastatt eingeschlossenen Revolutionstruppen: Sie kapitulieren.

Die Revolution von 1848/49 ist zum einen an ihren eigenen Unzulänglichkeiten und an der fehlenden Machtbasis, von der aus sie hätten agieren können, gescheitert. Zum anderen hätte ein großdeutscher Staat das europäische Sicherheitssystem empfindlich gestört, was weder Frankreich noch Russland kommentarlos hingenommen hätten. Einmal mehr müssen die Deutschen zur Kenntnis nehmen, dass ihre Nachbarn ein vitales Interesse daran haben, wie die Mitte des Kontinents politisch gestaltet ist. Eine zersplitterte Mitte Europas sichert den Status Quo der übrigen europäischen Staaten. Eine Machtkonzentration aber birgt aber in den Augen der andren Großmächte die Gefahr einer Destabilisierung Mitteleuropas. Aber die Frankfurter Abgeordneten sind auch an der Frage der Staatsgrenzen gescheitert. Ein Ausschluss Preußens und Österreichs hätte den faden Beigeschmack hinterlassen, einen deutschen Rumpfstaat etabliert zu haben, der – wie der Deutsche Bund - allein nicht überlebensfähig und vom guten Willen der beiden übrigen Deutschländer abhängig gewesen wäre. Die Einbeziehung Preußens und Österreichs hätte zwangsweise die Auflösung der beiden Staaten nach sich gezogen und die Frage aufgebracht, wie das Verhältnis zwischen diesen beiden Staaten in einem Gesamtverband eigentlich hätte aussehen sollen.

Die Genese Europas III

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