Читать книгу Die Genese Europas III - Matthias von Hellfeld - Страница 9
Revolution in Frankreich
ОглавлениеDramatischer sind die Vorgänge in Frankreich, wo seit 1824 der Bourbonenkönig Karl X. (1757 – 1836) regiert. Ein Jahr vor seinem Regierungsantritt haben französische Truppen den Aufstand in Spanien niedergeworfen und König Ferdinand VII. von Spanien wieder zur Macht verholfen. Den Anhängern einer europäischen Revolution ist mit dieser Niederlage ein heftiger Dämpfer versetzt worden. Diese Situation nutzt Karl X. aus, in dem er in Frankreich die Pressefreiheit einschränkt und drakonische Strafen für eher lächerliche Vergehen verkündet. Das bringt ihm den Ärger seiner Untertanen ein, die der liberalen Opposition bei den Wahlen 1828 die Mehrheit in der Zweiten Kammer verschaffen. Zwei Jahre später wird die Opposition so stark, dass sich Karl X. als Gegenmaßnahme zu einem Staatstreich verleiten lässt.
Nachdem über 200 Abgeordnete dem König das Recht zur Ministerernennung streitig gemacht haben, kommt es zum Eklat: Karl X. löst am 25. Juli 1830 die zweite Kammer auf, schränkt das Wahlrecht ein, verschärft die Pressezensur und verringert die Zahl der Abgeordneten. Das französische Volk ist damit fast wieder in der Situation, unter der es vor Beginn der französischen Revolution 1789 zu leiden gehabt hat. Die „Juli-Revolution“, die daraufhin 48 Stunden später in Paris ausbricht, dauert drei Tage, bevor sie siegreich zu Ende geht. Am 29. Juli 1830 ist das Königtum der Bourbonen zusammen gebrochen, das Militär ebenso aus der Stadt vertrieben wie der König. Die französische Republik ist gerettet.
Die bürgerliche Mehrheit der Zweiten Kammer trägt daraufhin Louis Philippe (1773 – 1850), dem Herzog von Orléans, unter der Bedingung die französische Krone an, dass er die Errungenschaften der französischen Revolution akzeptiert. Die Trikolore wird wieder die französische Nationalflagge und die „Marseillaise“ die Nationalhymne. Louis Philippe ist der erste französische König, der die Krone aus den Händen des bürgerlich-liberalen Parlaments erhält. Damit ist Frankreich eine konstitutionelle Monarchie, in der König und Parlament nach Recht und Gesetz die Geschicke des Volkes lenken. Die Inthronisierung dieses „Bürgerkönigs“ markiert gleichzeitig auch das Scheitern der europäischen Nachkriegsordnung. Der König wird durch das Parlament berufen und kann sich nicht mehr auf irgendein „legitimes“ Erbfolgerecht seiner Familie berufen. Damit ist einer der Grundsteine zerstört, auf denen die Garantiemächte des Wiener Kongresses 1815 die europäische Nachkriegsordnung aufgebaut haben.