Читать книгу Examens-Repetitorium Staatsrecht - Max-Emanuel Geis - Страница 102
b) Verfahren
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Das Änderungsgesetz vom 1.6.2020 könnte aufgrund der fehlerhaften Beschlussfassung formell verfassungswidrig sein. Nach Art. 78 GG kommen Bundesgesetze durch Bundestagsbeschluss gem. Art. 77 I GG zustande. Von einer ordnungsgemäß eingebrachten Gesetzesvorlage ist auszugehen. Der Beschluss ist aber nur wirksam, wenn der Bundestag beschlussfähig ist und die Beschlussfassung ordnungsgemäß war. Die Beschlussfähigkeit bestimmt sich nach § 45 I GOBT. Demnach müssen mehr als die Hälfte der Mitglieder des Bundestages anwesend sein. Ist dies nicht der Fall, so kann der Bundestag dennoch beschlussfähig sein, wenn die Beschlussunfähigkeit nicht ausdrücklich auf Antrag einer Fraktion oder von anwesenden fünf Prozent der Mitglieder festgestellt wird (§ 45 II GOBT). Grundsätzlich wird daher die Beschlussfähigkeit vermutet.[38] Vorliegend wurde jedoch die Beschlussfähigkeit zu Recht bezweifelt. In einem solchen Fall kann diese Fiktion keine Wirkung mehr entfalten, da die Beschlussfähigkeit gem. § 45 II 1 GOBT in Verbindung mit der Abstimmung festzustellen ist.[39] Gemäß § 45 III 1 GOBT hebt der Präsident nach Feststellung der Beschlussunfähigkeit die Sitzung sofort auf. Ein trotzdem gefasster Gesetzesbeschluss ist unwirksam. Daher ist das Änderungsgesetz hier formell verfassungswidrig.
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Hinweis:
Die Beschlussfassung hingegen erfolgte verfassungsgemäß. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ist für einen Gesetzesbeschluss ausreichend. Gemäß Art. 42 II 1 GG ist diese Abstimmungsmehrheit erforderlich, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft. Entscheidend ist daher nur die Anzahl der an der Abstimmung teilnehmenden Abgeordneten.