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So trieben sie’s im Grenzdorfe des Waldgebirges? Gingen auf den Schmuggel und schlichen auf der Wildbahn? Stahlen dem Herrgott die Tage und beugten in der Nacht Recht und Gesetz? Waren es solche, die im Dunkel des nächtlichen Bergwalds, wenn sie sich umstellt sahen, sich nicht scheuten, mit dem eisernen Rohr auch einem Menschen das Lebenslicht auszublasen? — Es muss eine Antwort sein auf diese Fragen. Da ist sie:

Es geht im Gebirg eine Kunde, die Leute in jenem Dorfe hätten nächtlicherweile die Glocken zusammengestohlen, die auf dem Turme des Waldkirchleins so voll und feierlich in die Sonntagmorgen rufen, dass die Wipfel im Forst über dem Läuten zu schwingen anheben.

Das Gotteshaus ragt am anderen Ende des Dorfes auf einer waldigen Bergkuppe empor. Und wenn die Männer mit Axt und Säge und der Kraxe auf dem Rücken von der Arbeit heimkehren, dann legen sie das Werkzeug an der Stiege vor dem Waldkirchlein ab, tun die Kappen herunter und knien sich auf ein Vaterunser in das Haus; so kommen sie heim und haben einen rechten Feiertag in ihren Herzen. Sie treten im Abendschein an den Brunnentrog, in den der klingende Strahl Bergwasser rauscht, und waschen sich den Staub des Alltags von Gesicht und Armen. Dann sitzen sie im vergehenden Lichte der Sonne, oder sie sitzen im silberblanken Mondschein vor ihren Hütten, schaukeln ihre Kinder auf den Knien oder nehmen ihr Singspiel zur Hand und klingen die Saiten an, bis sie auch ihr Herz hineingestimmt haben. Zuletzt fällt ihnen ein Lied ein zum Preise des Waldlands oder zum Preis ihres kargen Glückes.

Ja, wenn immer eine Arbeit wär’ im Waldgebirg! Aber — wenn sie im Tiefland die Ernte einbringen, schwer wie Gold, braust auf der Höhe der Sturm; und wenn drunten noch das Sonnenlicht wärmt, klirrt im Bergwald schon das fliegende Silber des Schnees. Dann haben die Waldleute die Schwämme eingetragen und haben Beeren und Hagebutten gesammelt, davon sie im Winter leben wollen. Sie haben Holz auf ihren Rücken eingetragen, damit in der kalten Zeit der Kachelofen warm sei. Und die kalte Zeit dauert sieben Monate im Jahr. Ist aber nicht einmal in den fünf anderen immer bezahlte Arbeit im Wald. Und die Erdäpfel bleiben oft über Winter im Feld, weil sie nicht reif geworden sind. Hernach wenn die Not gross ist und die Kinder um Brot schreien, dann beissen die Männer die Zähne zusammen und langen die alte Büchse vom Nagel herab, dem Kaiser in seinem Wald ein Wild zu stehlen. Oder sie sorgen schon im Sommer dafür und hängen es in den Rauch; denn sie wissen: im Winter findet keiner den Weg durch den bergetiefen Schnee als der Tod.

Die Musikantenstadt

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