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5.

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Nicht lange danach trug der Pechschaber droben auf der Waldlichtung einen Arm voll dürres Astholz herzu und schleifte in der freien Hand noch ein paar mannslange Äste hinter sich drein.

Er war still zu Berg geschritten; denn er konnte den Gedanken nicht los werden, dass das Musikantentum am Ende doch lustiger gewesen sei. Und darüber ward er nachdenklich: die Annemirl könne nun an jedem Morgen einen neuen Wunsch haben und am Nachmittag auch, und sie könne einen Haufen Arbeit für ihn erfinden; denn vom dürren Holz allein kann der Mensch doch nicht leben ...

Wie die Frau aber nun das Reisholz knickte, und wie sie sogar die starken Äste flink über ihrem Knie zerbrach, dass sie krachten, da wurde auch der Pechschaber wieder geschäftig. Es wurde ihm wohl; denn der wehende, schattige Bergwald war um ihn.

Eh noch die Amseln in den Wipfeln ihre Abendlieder anzustimmen begannen, hatte er zwei dicke Bündel Brennholz zusammengetragen. Weil die Annemirl sie aber so fein gleichmässig gepackt hatte, nahm er von dem einen Gebund die Hälfte weg und legte diese auf das andere: „Das grosse wird das meine,“ sagte er. Und nun gingen sie daran, das Holz mit den Stricken zu schnüren.

Da wurde plötzlich ein harter, stampfender Schritt vernehmbar.

Es kam ein Mann zwischen den Stämmen den Steilhang herein. Dem hing ein schweres Gebund Äste auf dem Rücken, und sein vergilbtes Spitzhütlein mit der krummen Spielhahnfeder daran hielt er in der Hand.

„Ah,“ sagte er, „da sind ja die neuen Pechschaberleut! Grüss Gott mitsammen! Holz und Plag wächst jeden Tag.“

„Freilich wohl,“ gab der Girgl zurück, während er auf dem knackenden Reisholz kniete, und: „Annemirl, den schau dir an, das ist ein richtiger, der Veit! Und auf ein Holz geht der Veit auch aus? Geh’ her und rast’ ein Eichtl!“

Da löste ihm der Pechschaber auch schon den Strick, damit er seiner Last ledig werde; und alsbald lagen die Männer im Moos. Derweil hatte die Annemirl das Sackleinen abgetan, das sie sich hinten aufgebunden hatte, damit das Holz sie nicht so drücke, und sammelte Blaubeeren hinein. Währenddem redeten die Männer heimlich miteinander.

Der Pechschaber erzählte, wie sie heute im Morgenlichte dem Grenzwächter entronnen seien. Da wälzte sich Veit in heller Lust auf dem Waldgrunde — der Veit war der verwegenste Wildschütz im Gebirg, und wenn Grenzwächtern und Waldhütern ein Leid geschah, so war’s ihm eine rechte Lust.

„Du,“ sagte er nach einer Weile, „auf Samstag Nacht — wenn du magst! Vollmond ist, Pechschaber, und nach Mitternacht klopf’ ich beim Steinhof ans Fenster. Einen Bock weiss ich stehen — so hoch hat er aufgesetzt!“ Der Musikant sah ein wenig betreten nach seiner beerensuchenden Frau. Das verstand der Wildschütz.

„Ah pah!“ sagte er und schlug in den Wind. „Angst haben die Weibsleut nur die ersten zwei Male, hernach — es fehlt nicht viel, so lüden sie sich selber ein Schiesseisen auf. Das kennen wir. Und nun gerade die deinige, — wenn sie heute den Wächter so fein heimgeschickt hat!“

Das verschlug. Sie wurden einig: in der Samstagnacht erwarten sie einander beim Steinhof, kriegen den Bock und machen halbpart.

Weil die Annemirl aber immer noch Schwarzbeeren las, sagte Veit:

„Pechschaber, es ist möglich, ich bring da noch zwei Leute mit! Nicht, dass ich dich vergrämen will, aber die Förster und Heger sind uns daheroben seit einiger Zeit höllisch dicht auf den Fersen. Ich denke, wir vier, wir können uns aufeinander verlassen. Schmuggeln und Wilpertschiessen, Schwämme suchen und Holz lesen, — wovon soll denn sonst einer leben im Wald? Keiner ist, der nicht darauf aus wär’. So machst du’s halt auch mit. Und dabei lässt sich leben. Mit der Musik ist’s nicht mehr weit her, Girgl, gelt?“

Der schlug in die Luft: „Gar aus ist’s mit der Kunst, Mann!“

Veit schickte sich an, sich sein Bündel Astholz wieder aufzuladen, wobei ihm der Pechschaber half. Die Annemirl war auch herangekommen.

„Also, b’hüt Gott miteinander und auf Samstag Nacht!“

Das Holz hatte eine schwere Last; denn wie der Wildschütz damit über den Wurzelgrund stampfte, schütterte die Erde.

Eine Weile später schnürten sich auch die Pechschaberleut ihre Bündel auf den Rücken. „Annemirl, gut ist’s, dass wir uns gegenseitig nicht so eine Last sind!“ sagte der Mann.

Die Frau nickte frohgemut. Dann nahm jedes einen Ast in die Hand: als Stütze den Bergabhang hinab. Und die Annemirl trug die gesammelten Beeren sorgsam vor sich her.

So langten sie beim Steinhof an. Die Sonne umgoldete die Bergkuppen und warf roten Sammet in die Wipfel der Fichten. Da flatterten die Amseln in das purpurne Licht und flöteten.

Während die Annemirl bald darauf einen Teil des eingetragenen und zerkleinerten Holzes hinter dem Ofen sauber aufschichtete, stand der Pechschaber mit der Axt vor dem Schupfen hinterm Haus. Und wie er das Dürrholz kleinschlug, dachte er:

„Ein gescheites Weib muss der Mensch haben; ein Musikantenpärlein braucht er auch; dazu ein Dach und ein Bett; und ein — Schiesseisen tät auch not. Glaubt einer gar nicht, wieviel sein muss, eh’ er sich sein kleines Glück zusammenrichtet!“

Und das Schiesseisen machte dem Girgl heimliche Sorgen.

Die Musikantenstadt

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