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13.

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In diesem Sommer war kein Regen gefallen. Seit der letzte Schnee im Mai vor den Schwalben hergetrieben war, hatte der Himmel in gleichmässigem heiteren Blau über den dunkelgrünen Bergwäldern gestanden. Des Morgens lag siebenfarbiger Tau; noch klangen die Quellen aus dem Gestein, und das Wildwasser warf seinen blitzenden Staub zu leuchtenden Bogen und rauschte unter dem bunten Farbenspiel dahin in seiner jauchzenden Frühlingskraft.

Da hackten die Waldleute die Erdstreifen an den Hängen und legten die Kartoffeln hinein, oder sie säeten ein wenig Hafer. Dann warteten sie auf einen sanften Mairegen.

Aber der Regen kam nicht. Die blendende Glocke des Himmels wölbte sich zu unermesslicher Höhe; manchmal flog das weisse Segel einer Wolke herauf und verschwand. Dann stand wieder die heitere Bläue des Himmels. So geschah es Tag um Tag.

Da wurden die tausend Rinnsale der Wälder still.

Da minderte sich die schäumende Kraft des Waldbachs; und wie der Hochsommer über das Gebirge schritt, siechte ein hageres, gläsernes Wasser in seinem Bett, und war doch vordem ein gärendes weisses Brausen gewesen und ein Schäumen um moosgrüne, runde Felsblöcke; die lagen nun missfarbig und verdurstet in dem Bachbette.

Die Arme der Brunnen über den Trögen waren trocken und fielen nur noch Tropfen wie tauende Tränen.

Auf den Astspitzen des Jungholzes, auf denen der Mai lichtgrüne Kerzen angesteckt hatte, stand eine spröde, bräunliche Masse wie Reste von Docht oder wie Asche — die Kerzen waren verbrannt. Und auf den Feldstreifen am Berghang starrte das Kraut der Kartoffel, als wäre Feuer darüber geflogen.

Deshalb sassen die Leute mit suchenden Augen vor ihren Hütten und sahen gen Himmel, ob die Nacht regnen wolle. Aber es war nichts als blendender Glanz.

Siebzehn Wochen war der Quell der Wolke nicht gerieselt. Endlich gingen auch die Nächte ohne Tau über das Gebirg.

Nun sassen die Leute vor den Hütten mit gefalteten Händen und beteten in ihren Herzen. Der Pfarrer Andreas kniete auf der Kanzel des Wildkirchleins und schrie zum Himmel.

Aber Gott hörte nicht.

Der Sommer schritt weiter, und unter seinen Sohlen ward der Waldgrund Asche. Die Beeren waren an den Kräutern verdurstet; die bunten Schirme der Schwämme wurden nicht aufgespannt; denn es regnete nicht.

Da gingen die, die nichts hatten, zu denen, die wenig hatten, und assen mit ihnen. Sie gingen zu den Mühlen, die dort liegen, wo der Hang des Gebirges auf der Talsohle steht, und liehen sich Mehl, damit sie Brot backen konnten. Aber die Müller verteuerten ihre Waren; denn die Bergwasser siechten und mussten gesammelt werden, ehe sie die Räder langsam zu treiben vermochten.

Die Leute im Dorfe schlachteten ihre Ziegen; etliche liessen noch eine gehen, die letzte, die das Heu frass, das anstatt der saftigen Halme auf den verbrannten Waldblössen stand.

Die Not war gross.

Und der Himmel lachte auf sie hernieder.

Die Musikantenstadt

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