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6.

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Am Samstag, wie die Sonne niederging, legte der Pechschaber seinem Weib die Hände auf die Achseln:

„Annemirl, heut nacht wird etwas geschehen, musst dich aber nicht fürchten! Wenn die Mitternacht vorbei ist, pocht es ans Fenster.“

Da wurden die Augen der Frau weit: „Wilpert schiessen wollt ihr gehen miteinander! Sag’s nur frei heraus, Girgl!“

„Justament erraten hast’s, du!“ lachte er. „Das heisst, diesmal lauf ich nur so mit; zuschauen, weisst.“

Die Annemirl hob den Finger:

„Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen, Brüderlein!“

„Pah!“ machte der Pechschaber, trat ans Fenster und richtete sich ein altes Rauchpfeiflein zurecht.

„Du,“ rief ihm die Annemirl hin, „teueren Rauchtabak willst auch wieder in die Luft blasen?“

„I nein,“ begütigte der Girgl, schaute dabei aber nicht auf, „ehbevor wir nicht den Bock erwischt haben, eh’ kommt kein Rauchtabak ins Haus.“

Dabei beschied sich die Frau.

Sie hatte sich gewöhnt, dem Pechschaber ein wenig nachzurechnen. Der war seintag nicht mit dem Gelde zurechtgekommen und war von jener Art Leute, die sich einbilden, ein Silbergulden wär ein solcher Haufen Geld, dass er gar nicht totzukriegen sei. Aber wenn der Mann sonst keinen Fehler hat und der Frau neidlos das Geldtäschlein überlässt, weil er sich sagt: ‚Nun bin ich auch noch dieser letzten Sorge ledig und bin der glücklichste Mensch auf der Welt‘, so ist schon fein mit ihm leben.

So dachte auch die Annemirl. Sie hatte sich den Girgl nun vier Jahr lang angeschaut: Fehler hatte er sonst keinen.

In den Fenstern löschte die Sonne aus.

Da legten sich die Pechschaberleut im Steinhof aufs Stroh, und wie die Bettstatt geseufzt hatte, redeten sie noch ein paar Wörtlein. Der Kauz klagte draussen. Sie schwiegen, aber sie schliefen dennoch nicht; und lagen doch beide ganz still, um sich einander nicht zu verraten.

Da kicherte die Annemirl einmal heimlich in ihren Bettzipfel, und als der Girgl seine Stirn nun ganz dicht an die ihre legte, sagte sie mit leisem Vorwurf gegen sich selber:

„Lachen muss ich, und eine Furcht sollt ich haben.“

Sie stützte sich auf den Ellenbogen. Das silberne Licht des Mondes fiel an die verhangenen Scheiben.

„Du,“ sagte sie, „wenn sie dich in dieser Nacht anschiessen, ich weiss nicht was ich tu!“

Der Pechschaber sah mit weit geöffneten Augen an die Decke und dachte: ‚Es ist schon recht, was der Veit gemeint hat von der Furcht der Weiberleut!‘ Er sagte aber:

„Grimm dich nicht, Frau! Bald wirst du am liebsten selber mit auf die Wildbahn schleichen.“

Da war draussen am Fenster in der Schattenwand des Hauses ein leises Klopfen vernehmbar.

Die Pechschaberleute sprangen aus dem Bett, als hätten sie gefühlt, dass eine Otter zwischen ihnen über das Laken glitt. Die Annemirl warf sich rasch ein knielanges Röcklein über; — nun hatten sie schier drei Stunden gelegen und gelauscht und fuhren doch umher, als wären sie aus tiefstem Schlafe geschreckt worden. Während die Frau das Rockband sich knüpfte, sagte sie:

„Möcht’ ich dir etwan ein Brot schneiden, Mann?“

Der tat inzwischen den Fenstervorhang ein wenig zur Seite, um denen draussen ein Zeichen zu geben; dann sagte er:

„Was willst du denn eigentlich aus dem Bett, Annemirl? Geh’ her und schlaf fix noch ein paarmal rum, dass du fertig wirst; denn bald reibt sich der Tag den Schlaf aus den Augen! Und ein Brot? Nein, ist nicht nötig. Nicht lang — so balzt der Spielhahn, und da möchten wir schon daran denken, uns wieder an den Steinhof heranzupirschen.“

Die Frau setzte sich auf den Bettrand:

„Jessmaria, wie du red’st, Girgl, schon wie ein richtiger Wildschütz!“

Nun drückte sich der Pechschaber den grünen Hut auf den Kopf und stieg zum Fenster hinaus: „Damit die alt Steinhöferin nicht aus dem Schlaf fährt,“ sagte er; „wenn die mir über den Weg lief, Annemirl, keinen Schritt tät ich auf die Wildbahn, diese Nacht nicht!“

Dann glitt er draussen hinab. Und die Annemirl rief ihm nach:

„Das hättest du mir früher sagen müssen; leicht, sie wär dir dann dagestanden, die alte Steinhöferin — ein böses Zeichen auf deinem Weg! So wärst mir wenigstens daheimgeblieben.“

Es war die heimliche Sorge, die aus ihr sprach. Dann schloss sich das Fenster, und die Annemirl legte sich wieder auf den Strohsack. Aber sie lag mit weiten Augen und wachen Ohren, — ob sie ein Schiessen vernähme den Berg herein.

Der Mondschein lag wieder klar hinter den Scheiben, und nur aus dem Tal herauf klang das dumpfe, eintönige Rauschen des Wildwassers.

Die Musikantenstadt

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