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10.

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Der Sturm hatte den langen Tag hindurch Schnee und klirrendes Eis geworfen, und wie die Nacht hereinbrach, stieg da einer den Bergpfad hernieder, der trug ein Bund Holz auf dem Rücken. Das war der Pechschaber. Er ging gebückt, denn die mannslangen Knüppel drückten ihn krumm.

Auf einmal — er wollte gerad ein wenig verschnaufen und stützte sich auf den Ast, der ihm als Bergstock diente — auf einmal fiel sein Blick auf ein Gewehr, das vor ihm an einen Waldstamm gehängt war.

Der Pechschaber trat hinzu und wunderte sich in erstauntem Selbstgespräch, dass einer hier sein Schiesszeug aufgehängt hätte. Plötzlich vernahm er ungefüge Laute hinter sich.

„Jessmaria, was ist denn das?“

Der Pechschaber warf sein Holzbündel ab. „Nu sagen S’ mir bloss, was da geschehen ist! Und einen Knebel im Mund! O mei’, o mei’! Na warten S’, das werden wir gleich haben!“

Dabei zog er sein Messer aus dem Sack und zerschnitt die Stricke, mit denen der Wächter hundertfach an den Stamm geschlungen war. Dann sank der Mann, zum Tode matt, auf den Waldgrund. Der Pechschaber löste ihm mitleidig die Fesseln an Händen und Füssen, und schliesslich befreite der Wächter seinen Mund von dem quälenden Knebel.

„Nu sagen S’ mir nur, wie haben S’ das eigentlich angestellt, dass Sie sich da so niederträchtig fest aufgehängt haben?“

Der Grenzwächter hatte mit dem Stiefel mühsam feuchte, kalte Erde aufgewühlt und kühlte damit seine schmerzenden Handgelenke. Aber er stammelte nur zusammenhanglose Worte. Da sagte der Pechschaber:

„Was ich da versteh’, ist: Überfallen sein S’ worden. O mei’, o mei’! Jetzt, — ich werd Ihnen was sagen: Wenn Sie in dem Zustande bis zur Wachtstation laufen wollen, so kommen S’ unterwegs vollends um. Es ist von hier keine zehn Minuten, so sind wir beim Steinhof. Das Gebund Holz trag ich morgen heim und führ’ Sie, und Sie rasten sich beim Pechschaber ein wenig aus. Warm und satt müssen S’ erst werden, — und ich denke, auf beides wird’s bei den armen Pechschaberleuten schon noch reichen.“

Daheim hat der Pechschaber dem wunden Mann die Gelenke mit Ameisenspiritus eingerieben, und die Annemirl hat ihm ein schwarzes Brot und einen Kaffee gegeben.

„Sie,“ hat der Girgl zu ihm gesagt, wie der Mann dankbar den warmen Kaffee schlürfte, „heut kann ich Ihnen das schon verraten: Wenn ich das Säcklein Kaffee und das bisschen Zucker dazu im Sommer nicht gepascht hätte, da täten Sie jetzt heiss Wasser trinken.“

Und wie sie dem Wächter, weil er in dieser Nacht nach den ausgestandenen Qualen nicht schreiten konnte, eine Strohbucht in die eine Ecke der Stube gebreitet hatten, damit er seine geschwollenen Glieder pflege, tat die Annemirl das Licht aus und legte sich zu Bett. Der Pechschaber war schon drin.

„Sehen S’,“ sagte er zu dem Mann auf dem Stroh, „schlecht ist keiner von den Waldleuten, sonst wären Sie nicht so billig davongekommen. Aber arm sind sie — es ist nicht zum sagen! Und aus Niedertracht und Grausamkeit schleichen sie weder schwärzen noch wildern; aber ihr Leben müssen sie sich fristen; das müssen sie; denn der Herrgott hat ihnen zu leben geheissen.“

Da seufzte der Grenzwächter noch einmal in seinem Schmerz und dachte, so ähnlich hätte er schon heut morgen reden hören.

Die Musikantenstadt

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