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3. Die EU und das Unlauterkeitsrecht

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Der AEUV spricht zwar in Satz 4 seiner Präambel von einem „redlichen Wettbewerb“, der zu gewährleisten sei, gibt aber der Union dafür keine ausdrückliche Regelungskompetenz. Allerdings ermöglichen die Binnenmarkt- und Verbraucherschutzkompetenzen (Art. 4 Abs. 2 lit. a und f AEUV) der EU, (nur) mit diesem rechtspolitischen Ziel Vorschriften über die Werbung, das Inverkehrbringen gewisser Waren und dergleichen zu erlassen. Da nach dem Subsidiaritätsprinzip in diesen Bereichen jedoch primär die Mitgliedstaaten verantwortlich sind, stößt die Union an Grenzen. Die nationalen Unlauterkeitsrechte sind als spezielles Deliktsrecht bzw. als Randgebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes vielfältig mit der jeweiligen Gesamtrechtsordnung verknüpft und verwirklichen sich weithin im Richterrecht. Sie sperren sich daher gegen die Harmonisierung stärker als die Kartellrechte. Zudem fehlt für das Unlauterkeitsrecht ein unionsrechtliches Paradigma, wie es für das Kartellrecht auch die tägliche Praxis in den Art. 101 ff AEUV vor Augen hat.

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Obwohl danach eine ausdrückliche Kompetenzvorschrift für das Unlauterkeitsrecht fehlt, hat die EU zahlreiche einschlägige Richtlinien zur Rechtsangleichung erlassen.[1] Bedeutsam sind neben einigen speziellen Regelungen[2] die Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG für elektronische Kommunikation, die Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung und vor allem die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL, geändert durch RL (EU) 2019/2161). Die Richtlinien divergieren in ihrem Anwendungsbereich und betreffen teils den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen („B2B“), teils denjenigen zwischen Unternehmen und Verbrauchern („B2C“). Das ist misslich, weil es eine prinzipiell nicht wünschenswerte Aufspaltung der wettbewerbsrechtlichen Maßstäbe begünstigt.

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Die Umsetzung der UGP-RL in mehreren Anläufen[3] hat die Probleme und Grenzen möglicher Rechtsangleichung in dem von den Bedürfnissen des Alltags nach Vorhersehbarkeit, Handhabbarkeit, Zügigkeit und Ortsnähe geprägten Wettbewerbsrecht aufgezeigt. Auch der Prozess der Konkretisierung der Richtlinien durch den EuGH verläuft schleppend und mühsam. Kaum mehr Rechtssicherheit ergibt sich, wenn die Union an Stelle von Richtlinien direkt anwendbare Verordnungen erlässt, um Sachverhalte selbst mit unmittelbarer Wirkung zu regeln. Beispiele sind die sog. P2B-Verordnung[4] und künftig vielleicht eine „ePrivacy“-Verordnung.[5] Außerdem ist ein Zuwachs an Bürokratie festzustellen, der mit der EG-VO 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz und ihrer Nachfolgerin, der EU-VO 2017/2394, verbunden ist. Letztere wird in Deutschland auf der Grundlage des im Jahr 2020 geänderten und umbenannten EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes (EU-VSchDG) vom BMJV als „Zentrale Verbindungsstelle“ und in Einzelfällen vom Bundesamt für Justiz und weiteren Behörden ausgeführt.

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Neben den Richtlinien und Verordnungen war es vor allem die Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten, die die Unlauterkeitsrechte der Mitgliedstaaten einander näherbrachte. Sie hat auch das deutsche Recht erheblich beeinflusst. Dabei vollzog sich dessen Anpassung an das EU-Recht nicht ohne Schwierigkeiten, weil der deutsche Gesetzgeber das abweichende EU-Recht lange Zeit fast ignorierte und seine traditionelle Rechtspolitik fortsetzte.[6] Erst 1994 setzte die Bundesregierung unter dem Eindruck der Rechtsprechung des EuGH zu einer anderen, liberaleren UWG-Politik an, konnte diese aber nur schrittweise verwirklichen.[7] Gleichzeitig und bis zuletzt behielt der deutsche Gesetzgeber seine berechtigte Zurückhaltung gegenüber dem oft kompromisshaften, terminologisch fragwürdigen und unsystematischen Unionsrecht bei.

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Der Weg zu einem einheitlichen Unlauterkeitsrecht innerhalb der EU ist insgesamt auf Grund der erheblichen Anstrengungen in den letzten Jahren vielleicht etwas kürzer geworden. Die verbleibenden unterschiedlichen Vorstellungen von der Unlauterkeit[8] werden sich mit der Zeit vermutlich weiter annähern, je mehr es zu einem wirklichen Binnenmarkt kommt.

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