Читать книгу Wettbewerbs- und Kartellrecht - Meinrad Dreher - Страница 31
1. 19. und 20. Jahrhundert
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Zu einem regelungsbedürftigen Problem wurde der unlautere Wettbewerb erst im Laufe der stürmischen wirtschaftlichen Entwicklung des 19. Jahrhunderts nach Einführung der Gewerbefreiheit.[14] In manchen Rechtsordnungen nahmen sich die Gerichte seiner an, so etwa im französischen Recht, das auf Grund der deliktsrechtlichen Generalklausel des Art. 1382 Code Civil ein umfassendes Recht der concurrence déloyale entwickelte. Auch im englischen und US-amerikanischen Recht blieb die Bewältigung des unlauteren Wettbewerbs zunächst weitgehend den Gerichten vorbehalten.
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Deutschland schlug dagegen frühzeitig den Weg der (Spezial-)Gesetzgebung ein. Er begann mit dem Markenschutzgesetz von 1874,[15] das aber nur angemeldete Warenzeichen schützte und sich deshalb als unzureichend erwies. Dem Bedürfnis nach weiteren gesetzlichen Regelungen entsprach der Gesetzgeber durch das um einiges über das Markenschutzgesetz hinausgehende Warenzeichengesetz von 1894[16] und vor allem durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von 1896.[17] Dieses hielt zwar – im Misstrauen gegenüber allzu weit gefassten Ermächtigungen an den Richter – noch an dem Prinzip kasuistischer Tatbestände fest und war auch wesentlich als Strafgesetz konzipiert. Jedoch zog das Reichsgericht schon bald nach 1900 ergänzend § 826 BGB zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb heran[18] und entwickelte das – bereits vor dem BGB anerkannte – „Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ zu demselben Zweck fort.[19]
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Eine befriedigende gesetzgeberische Lösung brachte erst das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von 1909[20] (UWG 1909), und zwar durch die Generalklausel seines § 1, die bis 2004 Bestand hatte (Rdnr. 233). Auf Grund dieser Generalklausel entwickelte sich ein fein gegliedertes und doch elastisches und praktikables System des Richterrechts von hoher Effizienz. Von Bedeutung für die Rechtsdurchsetzung war dabei die Grundkonzeption des Wettbewerbsrechts als spezielles Deliktsrecht, das auf private Rechtsverfolgung setzte und – anders als das Kartellrecht – auf verwaltungsbehördliche Befugnisse und Sanktionen ganz verzichtete. Einige wenige strafrechtliche Sanktionen stellten den Primat privater Rechtsverfolgung nicht in Frage.
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Die weitere wettbewerbsrechtliche Gesetzgebung wurde vornehmlich durch akute, oft aber nur vermeintliche Bedürfnisse bestimmt und ließ die zentralen Bestandteile des UWG 1909 unangetastet. Die Zugabeverordnung von 1932[21] und das Rabattgesetz von 1933[22] hob der Gesetzgeber 2001 wieder auf.[23] Die Novellen der Nachkriegszeit, besonders von 1965,[24] 1969[25] und 1986,[26] waren vor allem darauf gerichtet, den Schutz der Verbraucher in einzelnen Hinsichten zu stärken, wurden aber 1994 ebenfalls teilweise wieder zurückgenommen.[27] Durch den Einigungsvertrag[28] von 1990 wurde das UWG auf die neuen Bundesländer erstreckt. Die Markenrechtsreform von 1994[29] brachte nicht nur ein weitgehend neues Markengesetz, sondern auch die Verlagerung des Schutzes geschäftlicher Bezeichnungen und geographischer Herkunftsangaben vom UWG in das Markengesetz. Ausgelagert, und zwar in das StGB, wurden ferner 1997 die Strafvorschriften gegen Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, um die Verfolgungsintensität zu verbessern.[30] Schließlich wurde im Jahr 2000 eine Vorschrift über vergleichende Werbung in das UWG eingefügt.[31]