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Neue Sprachen, neue Wörter und Sprachwirrnisse in Lenting

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Zweimal in der Woche haben wir Religionsunterricht. Den Katechismus mag ich nicht so gerne, weil man da lernen muss. Aber wenn der Herr Pfarrer die „Biblischen Geschichten“ aus dem Alten und dem Neuen Testament erzählt, bin ich immer ganz hingerissen. Natürlich schildert er auch den Turmbau von Babylon. Die Leute in Babylon hatten auf einmal ganz verschiedene Sprachen und konnten sich nicht mehr verstehen.

In Lenting wird zwar kein Turm gebaut, aber wenn sich die neuen Leute unterhalten, verstehe ich manchmal nichts oder nur einen Teil. Besonders wenn sie russisch, polnisch oder tschechisch miteinander reden (natürlich kann ich diese Sprachen auch nicht unterscheiden), bekomme ich gar nichts mit. Wo ich doch so neugierig bin und alles wissen will!

Auch wenn sie sich auf Deutsch unterhalten, haben sie ganz andere Wörter als wir Alt-Lentinger. Ich höre plötzlich von Deka, von Kilo, vom Fleischer, von Möhren und so weiter. Sie nennen den Odel Jauche, die Brotzeit Jause oder Vesper, die Pfannkuchen Palatschinken, Kren ist Meerrettich, Tagwerk Grund ist Morgen Land, Schwarzbeeren sind Blau- oder Heidelbeeren, a Drecklache ist eine Pfütze und, und, und …

Aber auch die Neu-Lentinger haben ihre Mühe, um unser schönes, gepflegtes Bairisch zu verstehen, auch wenn wir „Hochbairisch“ sprechen. Wenn wir reden, müssen sie schon die Ohren spitzen, denn da geht es um einen Haderlumpen, Bazi, Baderwaschl, um eine Watschn, Matz, Ratschn, es geht um Klapperl, Glupperl, es geht ums Wuzeln, Zuzeln und, und … Die Uhren gehen in Bayern schon immer anders, nämlich in Viertelstunden, halb eins, dreiviertel zwei … Ja, doch, wenn der Papa flucht, dann auf Russisch. Das hört sich ganz schlimm an. Aber langsam lernt man miteinander umzugehen. Amerikanisch hört man wenig. Wenn die Bayern schon Fremdwörter verwenden, dann französische oder jiddische. Wir haben einen Plafond, ein Portemonnaie, ein Trottoir, eine Chaiselongue. Es gibt Schicksen, wir haben Massel, toi, toi, toi, des ist koscher und, und, und … Am besten gefällt mir das Wort für Rosspollen. Rosspollen heißen Pferdeäpfel! Wenn ich das höre, muss ich immer lachen! Äpfel sind für mich immer etwas, was man essen kann. Jakobiäpfel, Bratäpfel, Lederäpfel, Straßenäpfel, aber Pferdeäpfel, na, na, da muss ich wieder lachen!

Dann noch diese Hausnamen, die ständig zu Verwechslungen führen. Der Hennamo wird als Herr Hühnermann angesprochen, aber er heißt Kipfelsberger. Der Herr oder die Frau Gockelbauer heißen Sterler und der Wagensimmer heißt Brandl. Darüber allein könnte man schon ein Buch schreiben.

Aber die modernen, immer aufgeschlossenen Lentinger nehmen alles mit Humor und werden auch mit dem babylonischen Problem fertig.

Aus, Äpfel, Amen (2) Ria, de Kloa 1948 bis 1951

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