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DIE SCHWESTERN

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Eines Tages bekommen sie in Ingolstadt Besuch aus Pfatter, den Huber Sepp.

Als junges Mädchen schwärmt Maria für den Josef. Doch der hat damals nur Augen für die dunkelhaarige Anna.

Jetzt beim Kaffeetrinken hält ihm Maria dies nun lachend vor. „Ja mei“, meint er, „für eine schwarze Kirsche steigt man halt höher, als für eine rote.“ Und: „Maria, natürlich warst du auch a Saubere. Aber ein wenig hast du schon eingebüßt“, meint er lächelnd.

„Wenn du von einem Baum zwölf Äste abbrichst, dann schau mal, wie der dann ausschaut“, ist Marias Antwort.

Auch wenn Anna, die Schwester Marias, sich mit dem Hofstaat aus Wien öfters in Possenhofen aufhält, so hat sie doch kaum Gelegenheit, nach Ingolstadt zu kommen.

Es treffen aber immer wieder Schließkörbe mit Kleidern, Blusen, Röcken und Hüten von ihr in Ingolstadt ein. Die Kleider aus Samt und Seide, mit Spitzen, Rüschen, Volanten, Stickereien und Schleppen, können zwar von ihren Nichten nicht so getragen werden, aber die tüchtigen Mädchen trennen, schneidern, ändern und schaffen so tragbare „bürgerliche“‘ Kleidung.

Anna fühlt sich in Wien wohl. Sie genießt das abwechslungsreiche Leben am Hof. Für sie würde es nie in Frage kommen, das Leben einer Hausfrau zu führen, kochen, waschen, putzen, nähen, bügeln, für einen Ehemann da zu sein und (s)eine Herde Kinder aufzuziehen.

Nein … nein … niemals … und nochmals nein … Sie sieht sich genug an ihrer Schwester. Sie mag Kinder, aber ihr schönes Leben für eine Ehe aufzugeben? Nein … und nochmals nein …

Sie hängt an ihren Neffen und Nichten. Besonders die vier Mädchen liegen ihr am Herzen. Ihnen will sie ihr Vermögen testamentarisch vermachen. Maria, Anna, Resi und Rosi sollen eine solide Aussteuer bekommen. Dies hat sie immer wieder erwähnt und betont.

Als dann ihre Kaiserin 1898 ermordet wird, ist Anna gerade 40 Jahre alt. Sie verlässt Wien und geht nach München. Hier nimmt sie eine herrschaftliche Wohnung, richtet sie mit Antiquitäten, Gemälden und Teppichen geschmackvoll ein. Sie verfügt über einen roten und einen blauen Salon. Sie führt ein angenehmes Leben.

Außerdem hat sie einen jüngeren, gut aussehenden Liebhaber, dem sie ziemlich verfallen ist. Sie sieht nur seine schöne Gestalt, sein weltgewandtes Auftreten, glaubt all seinen Liebesbeteuerungen. Nichts kann sie von ihm abbringen. (Verfügt sie vielleicht über eine rosa Paradiesbrille?)

Als sie stirbt, gibt es keine Testamentseröffnung, denn es ist kein Testament da. Es befinden sich weder teure Möbel noch Gemälde in der Wohnung. Weder Schmucksachen, Bargeld noch Bankguthaben werden gefunden. Der magere Erlös aus dem Verkauf der restlichen Sachen reicht gerade für eine einfache Beerdigung. Ihr Liebhaber ist schon lange vorher über alle Berge.

So ist wieder ein Lebenskapitel abgeschlossen und dem Vergessen hingegeben. Aber man ist erst dann tot, wenn man vergessen ist!

Wahrscheinlich bin ich die Letzte, die etwas über sie berichtet.

Aus, Äpfel, Amen! Mia, die Feder

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