Читать книгу Aus, Äpfel, Amen! Mia, die Feder - Mia May - Страница 27
ОглавлениеEs ist alles wieder perfekt. Das Glück ist am Nordbahnhof wieder eingekehrt.
DER FOLGENSCHWERE BESUCH
Der Vater von Hans ist schon lange tot. Seine Mutter hat Theres bisher noch nicht kennen gelernt. Unerwartet taucht diese eines Tages bei Theres auf. Es ist die „Stockinger Mutter.“ Sie ist eine kleine, schmächtige, etwas gebückt gehende Bäuerin, der man ihr arbeitsreiches Leben schon an den Händen ablesen kann. Zu Fuß hat sie die zehn km nach Ingolstadt zurückgelegt. Theres freut sich über sie, bittet sie sofort in die Wohnung, richtet eine deftige Brotzeit, Kuchen und Kaffee her. Heute soll sie doch auch hier übernachten. Hans ist sowieso einige Tage im Manöver. So haben die zwei Frauen Zeit, sich zu unterhalten und zu reden. Am Abend kommt die Stockinger Mutter auch gleich und ohne Umschweife auf ihr Hauptanliegen zu sprechen.
„Theres, ihr seid jetzt schon so lange zusammen und vertragt euch doch gut. Warum heiratet ihr nicht?“
Theres ist von dieser überraschenden Frage unangenehm berührt. „Warum sollen wir denn heiraten? Bei meiner letzten Entbindung hat der Doktor gesagt, dass ich keine Kinder mehr bekomme. Denk auch daran, der Hans ist zehn Jahre jünger. Vielleicht findet er doch mal eine Jüngere interessanter, die er dann heiraten will.“
„Nein, das will Hans ganz gewiss nicht. Weibergeschichten hat er bestimmt nicht mehr im Kopf. Das hat er schon alles hinter sich. Außerdem, ihr seid beide katholisch und ihr lebt in Sünde! Was sollen denn die Leute denken!“
„Ach, die Leute sind mir egal. Auch Hans macht sich wegen der Sünde nicht viele Gedanken. Ich bin doch gut versorgt. Warum soll ich meine Unabhängigkeit aufgeben?“
Doch die Stockinger Mutter gibt nicht so schnell auf: „Denk an das sechste Gebot: Du sollst nicht Unkeuschheit treiben. Was sollen seine Schwestern denken? Die Leute im Dorf reden schon hinter meinem Rücken. Wir sind eine ehrenhafte Familie; so was gibt es bei uns einfach nicht. Übrigens Hans ist auch meiner Meinung; er will dich sofort heiraten. Denk auch an deine Kinder! Was sollen sie von ihrer Mutter halten?“
Es stimmt, Hans hat schon ein paar Mal Andeutungen gemacht, dass er gerne die Ehe eingehen möchte.
Doch Theres hat diese Andeutungen immer geflissentlich überhört. Wer hätte denn auch einen Vorteil? Die Töchter wachsen heran. Die werden eines Tages ihre Einstellung verstehen. Aber sie wird sie noch fragen. Natürlich will sie dem guten Ruf der christlichen Familie nicht schaden. Theres will im Moment nicht weiter über das Thema „Heirat“ diskutieren. So sitzen die vier noch recht angenehm beisammen und der Abend endet harmonisch.
Am nächsten Morgen verabschiedet sich die Stockinger Mutter. Theres begleitet sie noch zum Postbus.
Am Nachmittag bespricht Theres das „Heiratsthema“ mit den Mädchen.
Doch sie wollen, dass die Mutter heiratet. Dann sind sie wieder eine „amtliche“ Familie. Thereses Meinung wird schwankend, aber einige Restbedenken kann sie einfach nicht von sich weisen. Soll sie durch die Heirat, die den Verlust ihrer Pension bedeutet, wirklich ihre finanzielle Sicherheit, ihre Unabhängigkeit, ihre Tätigkeit auf der Waage und ihre Wohnung aufgeben? Sie hat bei diesen Gedanken kein gutes Gefühl. Aber wie soll sie es vermeiden, weiterhin mit Hans in „Sünde“ zu leben ohne „Schande“ über seine christkatholische Familie zu bringen?
Sie muss sich entscheiden, entweder für die gesetzliche Ehe oder das Ende der Beziehung. Hans kehrt nach einigen Tagen bestens gelaunt aus dem Manöver zurück. Theres berichtet vom Besuch seiner Mutter. Er freut sich, dass sie sich alle so gut verstanden haben. Den Wunsch seiner Mutter und Schwestern kennt er sowieso.
Am nächsten Tag kommt Hans mit Blumen nach Hause und macht Theres einen ganz offiziellen Heiratsantrag. Theres nimmt an! (1934)
Sechs Wochen später heiraten sie. Die Trauung findet in der Oberen Pfarr und die kleine Feier danach im Riedenburger Hof statt.