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1927 DER GEBURTSTAG VON GEORG STEHT BEVOR, ABER …

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Über zehn Jahre sind Georg und Theres nun glücklich verheiratet. Sie mögen sich immer noch sehr. Töchterchen Thea wird schon ihre Erstkommunion feiern. Das Leben läuft wie am Schnürchen. Es sind keine Wünsche offen!

Gerade heute denkt Theres über die schöne Zeit zurück. Ach ja, übermorgen hat Georg Geburtstag. Da ist es doch selbstverständlich, dass sie ihm seinen Lieblingskuchen backen wird.

Als Georg Feierabend hat, sagt sie ihm kurz Bescheid, dass sie noch kurz zur Krämerin geht, um die fehlenden Zutaten zu besorgen. Sie will den Kuchen gleich morgen machen, damit er zum Geburtstag am Frühstückstisch steht.

Georg ist aber heute mit seinen Gedanken irgendwie abwesend.

„Du brauchst doch nicht extra unter der Woche wegen dem Geburtstag einen Kuchen backen.“

Er freut sich aber doch, dass seine Ehefrau wie immer auch für ihn das „Verwöhnprogramm“ auflegt. Für Theres gibt es da sowieso kein Pardon. Das wäre ja noch schöner, keinen Geburtstagskuchen zu haben.

Schon ist sie aus dem Haus, erledigt schnell ihre Einkäufe und kehrt bald nach Hause zurück.

Georg sitzt ganz in Gedanken versunken am Küchentisch und hat eine Mappe vor sich liegen.

„Was machst du denn da?“, ist ihre Frage.

Georg meint: „Ich habe heute erfahren, dass ich zum Beamten ernannt werde. In der Mappe sind alle unsere Papiere, falls mal etwas mit mir sein soll, dann weißt du, wo die Dokumente sind.“

„Jetzt hör aber auf. Übermorgen wirst du sechsunddreißig Jahre alt. Du sollst dich auf den guten Geburtstagskuchen freuen! Komm, freuen wir uns über deine Beförderung. Wir haben doch ein schönes, glückliches Leben.“

„Hast Recht, Theres, aber ich habe in der letzten Nacht schlecht geschlafen und geträumt.“ Er steht auf, küsst sie auf die Wange und drückt sie an sich. Sie verbringen gemeinsam mit den Kindern noch einen schönen Abend.

Mit der Beförderung haben sie doch wieder einen Aufstieg im Leben erreicht.

Der nächste Tag beginnt wie immer. Die Welt ist total in Ordnung. Theres backt für Georgs morgigen Geburtstag einen wunderbaren Kuchen. Der Duft zieht verführerisch durch die ganze Wohnung.

Die Mädchen halten sich am Nachmittag in dem Glacis auf. Von dort aus wollen sie gleich in die Maiandacht gehen. Theres besucht die Maiandacht nicht, aber sie hat für sich einen eigenen kleinen Maialtar, den sie jedes Jahr aufstellt.

Der Nachmittag schreitet schnell voran. Georg will noch einige Waggons überprüfen. Er freut sich schon auf den nahenden Feierabend.

Gerade beugt er sich zu einem Waggon herunter und schaut, was da repariert werden muss. Dabei sieht er nicht, dass sich in seinem Rücken ein Waggon selbstständig gemacht hat und auf ihn zurollt. Er hört noch ein leises Quietschen. Ein Kollege schreit noch: „Georg Vorsicht!“

Er erhebt sich; will schauen. Aber es ist alles zu spät!!

Der Waggon ist schon unmittelbar hinter ihm. Georg befindet sich gerade zwischen den Puffern, schon wird sein Brustkorb eingequetscht. Es wird ihm schwarz vor den Augen, er verliert das Bewusstsein. Schnell kommen die Kollegen gelaufen und lösen die Bremse von einem Waggon, damit dieser ein wenig weiter rollt. Nur so können sie Georg frei bekommen.

Der Doktor wird schnell verständigt. Auch zu Theres in die Wohnung läuft einer. „Theres, schnell, schnell, komm ganz schnell. Dein Mann ist verunglückt.“

Theres springt auf und läuft, rennt, sprintet über die Gleise.

Sie sinkt neben ihren Mann nieder. Blut läuft aus seinem Mund. Sie bettet ihn in ihre Arme.

Der Doktor ist schon eingetroffen und eine Bahre wird auch gebracht. Der Arzt schaut den Verunglückten und dann Theres an. Er schüttelt nur leicht den Kopf. Georgs Atem rasselt, das Blut sickert weiter aus seinem Mund. Er öffnet kurz die Augen, schaut Theres mit einem dankbaren Blick an, fällt zurück.

Es ist vorbei!

Man legt Georg auf die Bahre und fährt ihn in die Bahnhofshalle. Inzwischen ist auch Thereses Schwester Rosa, die in Ingolstadt wohnt, herbeigeholt worden.

Theres ist wie von Sinnen. Ihr Geist ist wie betäubt; ihr Körper reagiert wie eine aufgezogene Puppe.

Inzwischen ist die Maiandacht aus und die Mädchen befinden sich auf dem Heimweg. Da laufen ihnen Kinder entgegen. „Euer Papa ist tot!“, rufen sie. Ja, dann, als die Mädchen zu Hause sind, erfassen sie die Katastrophe, soweit es ihrem kindlichen Geist möglich ist.

Theres weiß nicht, wie sie die nächsten Stunden, Tage, Wochen, Monate überlebt. Nur in dieser kurzen Zeit ist ihr Haar ergraut.

Oft sperrt sich Theres stundenlang in die Toilette ein. Sie will nicht mehr raus, sie will nicht mehr leben. Der starke Schmerz umklammert ihr Herz wie eine Eisenzange.

Doch sie hat zwei Kinder, die brauchen sie. Für diese muss sie weiter da sein.

Aus, Äpfel, Amen! Mia, die Feder

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